Vor mehr als 30 Jahren wurde das testikuläre Carcinoma in situ (CIS) erstmals beschrieben. Schon bald
darauf gab es Anhaltspunkte dafür, daß diese Vorläuferzellen der meisten Hodentumoren fötalen Ursprungs sein
könnten. Mit Hilfe modernster Untersuchungsmethoden wie insbesondere den DNA-Microarrays kam man in jüngster
Zeit zu Ergebnissen, die die Abstammung des testikulären CIS von primordialen Keimzellen oder frühen Gonozyten
nahelegen. Zudem wurden vermehrt Gemeinsamkeiten des Phänotyps von CIS mit dem von embryonalen Stammzellen
deutlich. Darüber hinaus weist das testikuläre CIS eine Reihe von Merkmalen auf, wie sie den hypothetischen
Krebsstammzellen zugeschrieben werden, mit der Besonderheit, pluripotent zu sein [1, 2].
Zellen des präinvasiven CIS haben die Fähigkeit, sich in zahlreiche somatische Tumortypen zu differenzieren
CIS-Zellen befinden sich innerhalb der Hodentubuli entlang der Basalmembran. Sie sind größer als normale
Spermatogonien und fallen durch unregelmäßig geformte Zellkerne mit grobkörnigem Chromatin auf. In Tubuli
mit CIS finden sich darüber hinaus nur noch Sertoli-Zellen.
In embryonalen Stammzellen werden zwei Gene für Transkriptionsfaktoren (POU5F1 und NANOG) exprimiert,
deren Funktion für die Pluripotenz und die Fähigkeit zur Selbsterneuerung bekanntermaßen unentbehrlich
sind. Beide Transkriptionsfaktoren werden auch in testikulären CIS-Zellen exprimiert [3]. Diese Gemeinsamkeit
von CIS mit embryonalen Stammzellen ist wohl das kräftigste Indiz zur Bestätigung der Hypothese, wonach
CIS-Zellen sehr frühen fötalen Ursprungs sind.
In einer aktuellen Untersuchung wurden auf 12p nicht weniger als 73 Gene identifiziert, die in
Keimzelltumoren überexprimiert werden. In embryonalen Karzinomen ist die Überexpression mehrerer
Stammzell-
Die Besonderheit des testikulären CIS ist seine Abstammung von primordialen Stammzellen/Gonozyten und
damit den einzigen Zellen im Körper, in denen einige der Pluripotenz-bewahrenden Faktoren embryonaler
Stammzellen erhalten bleiben. Durch diese Pluripotenz ist es möglich, daß das testikuläre CIS Vorläufer
sehr verschiedener Keimzelltumoren sein kann.
Die Inzidenz von testikulären Keimzelltumoren hat in den letzten Jahrzehnten merklich zugenommen. Es gibt hierbei jedoch deutliche geographische und ethnische Unterschiede, die dafür sprechen, daß ätiologisch sowohl genetische als auch umweltbedingte Risikofaktoren involviert sind.
Der Beginn der neoplastischen Transformation von frühen Keimzellen wird höchstwahrscheinlich in utero
durch Störungen des Mikromilieus im Keimzellbereich ausgelöst. Insbesondere Hormone, aber auch auto-
bzw. parakrine Faktoren sind an der Regulation der Differenzierungsprozesse beteiligt, bei denen es
während einer längeren Periode zur allmählichen Herunterregulierung embryonaler Stammzelleigenschaften
und der Annahme spermatogonaler Funktionen kommt. Während dieser Phase reagiert das Keimepithel sehr
sensitiv auf jede Art von Milieuveränderung, so daß der Entwicklungsprozeß unter Umständen in einigen
Zellen zum Stillstand kommt.
Literatur:
[1]Almstrup K, Sonne SB, Hoei-Hansen CE, et al. 2006.
From embryonic stem cells to testicular germ cell cancer shall we be concerned? Int J Androl 29:211-218.
[2]Almstrup K, Ottensen AM, Sonne SB, et al. 2005.
Genomic and gene expression signature of the pre-invasive testicular carcinoma in situ. Cell Tissue Res 322:159-165.
[3]Almstrup K, Hoei-Hansen CE, Wirkner U, et al. 2004.
Embryonic stem cell-like features of testicular carcinoma in situ revealed by genome-wide gene expression profiling.
Cancer Res 64:4736-4743.
[4]Korkola JE, Houldsworth J, Chadalavada RSV, et al. 2006.
Down-regulation of stem cell genes, including those in a 200-kb gene cluster at 12p13.31, is associated with in vivo
differentiation of human male germ cell tumors. Cancer Res 66:820-827.
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