Die Autoren aus Tübingen kommen in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift zu dem Schluss, dass das
Risiko für Brustkrebs, Darm-, Harnblasen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs bei Menschen mit Diabetes mellitus
Typ 2 um das 1,2 bis 1,7-Fache erhöht ist. Das höchste Risiko für eine Krebserkrankung besteht dabei für
Leberzellkrebs, es steigt sogar um den Faktor 2,5. Zugleich ist auch die Wahrscheinlichkeit, an diesen
Krebserkrankungen zu versterben, bei Diabetes erhöht – Daten aus einem schwedischen Krankenhausregister
belegen ein 38 Prozent höheres Mortalitätsrisiko.
Auf welche Weise der Diabetes die Krebsentstehung fördert, ist dabei noch unklar. So könnte der
erhöhte Blutzuckerspiegel im Rahmen der sogenannten Warburg-Theorie eine Rolle spielen – diese
besagt, dass Krebszellen beim Wachstum besonders viel Zucker vergären. Im Zentrum der
Expertendiskussion steht indes eine andere Hypothese. „Es ist denkbar, dass auch hohe
Konzentrationen von Insulin im Blut die Krebsentstehung fördern könnten“, erklärt Stephan
Matthaei von der Deutschen Diabetes Gesellschaft. „Offenbar steigert Insulin die Bioverfügbarkeit
des Wachstumsfaktors IGF-1, der die Zellteilung in bösartigen Geweben beschleunigt und zugleich
das Selbstmordprogramm bösartiger Zellen stoppt“, vermuten die Autoren aus Tübingen.
Das hat Konsequenzen für die Therapie. „Behandlungsstrategien für Typ-2-Diabetes, die mit einer
unangemessenen Erhöhung der Insulinspiegel einhergehen, müssen kritisch betrachtet werden“,
betont Matthaei. „Bei der Insulintherapie von Patienten mit Typ 2 Diabetes gilt deshalb der
Leitsatz: Soviel Insulin wie nötig, aber sowenig wie möglich.“
Studien haben gezeigt, dass die Krebssterblichkeit bei Patienten, die mit Sulfonylharnstoffen
oder Insulin behandelt werden, erhöht ist. Auch das Risiko, an Leberzellkrebs zu erkranken,
steigt bei einer Therapie mit Sulfonylharnstoffen oder Insulin. Wie die Übersichtsarbeit zeigt,
ergab eine Fall-Kontroll-Studie, dass Glibenclamid das Krebsrisiko sogar um den Faktor 2,5 erhöht.
Metformin oder Glicladzide hingegen scheinen vor Krebs zu schützen, wie große Untersuchungen
nahelegen. Eine neue vergleichende Studie mit mehr als 112 000 Patienten in Großbritannien
bestätigt, dass eine Therapie mit Sulfonylharnstoffen oder Insulin mit einer erhöhten
Krebssterblichkeit einhergeht. Eine Metformintherapie dagegen scheint die Sterblichkeit
durch Krebs im Vergleich zu Patienten ohne Diabetes sogar zu senken.
Literatur:
Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft
Stefan N, et al. 2012. Diabetes und Krebsrisiko, Dtsch Med Wochenschr 137:1-5.
Currie CJ, et al. 2012. Mortality after incident cancer in people with and without type 2 diabetes: Impact of
metformin on survival. Diabetes Care 35:299-304.
Mai 2012
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