Radiomics ist ein noch junges Forschungsgebiet, das künftig die Radiologie, Radioonkologie und Nuklearmedizin
mathematisch revolutionieren wird. Eine der größten Hürden auf dem Weg in die klinische Anwendbarkeit ist
jedoch die häufig fehlende Vergleichbarkeit von medizinischen Bilddaten und der darauf basierenden Berechnung
von Bildmerkmalen. Im Rahmen der Image Biomarker Standardization Initiative (IBSI) haben sich daher rund
65 Wissenschaftler weltweit zusammengeschlossen, um radiomische Softwareanwendungen zu standardisieren.
In einem ersten Schritt konnten sie nun in einem gut drei Jahre dauernden gemeinsamen Prüfprozess Standards
für die Bestimmung von 169 wichtigen Bildmerkmalen festschreiben. „Softwarelösungen für radiomische
Berechnungen sind hochkomplex. Weltweit programmieren zahlreiche Forschergruppen eigene Softwareanwendungen,
um diese stetig weiterentwickeln zu können. Dabei kann es zu Ungenauigkeiten und Fehlern kommen. Unser Ziel
war es, einen Standard zu definieren, der eine fehlerfreie Definition und Berechnung zahlreicher Bildmerkmale
ermöglicht“, erklärt Dr. Alex Zwanenburg vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) und
vom OncoRay-Zentrum.
Nur mit allgemeingültigen und vergleichbaren Verfahren und Programmen wird es künftig möglich sein, das
klinische Potential von Radiomics auszuschöpfen, das eine neue Form der Auswertung und Verknüpfung
medizinischer Bilddaten erlaubt. Computer berechnen aus großen Datenmengen Charakteristika von Bilddateien,
die in dieser Genauigkeit mit dem menschlichen Auge nicht erkennbar sind. Die Ergebnisse der Berechnungen
geben beispielsweise Aufschluss über die spezifische Struktur des Tumorgewebes. Die so berechneten Bildmerkmale
können wiederum mathematisch in Beziehung gesetzt werden zu Patientendaten aus der Molekulargenetik oder
Labormedizin oder auch zu Behandlungsergebnissen. Ziel ist es, mithilfe dieser Berechnungen Aussagen über
den weiteren Krankheitsverlauf und die individuell beste Therapie treffen zu können.
Zunächst wurde anhand eines einfachen Modells nach Ungenauigkeiten und Rechenfehlern in ihrer jeweiligen
Softwareanwendung gesucht. In einem zweiten Schritt wurde der gemeinsamen Analyse ein echtes Computertomographie-Bild
zugrunde gelegt. In einer dritten Phase überprüften die Wissenschaftler schließlich, ausgehend von komplexen
öffentlich zugänglichen Bilddaten von 51 Patienten mit Weichteilsarkom, die nach den vorherigen Anpassungen
angestrebte Übereinstimmung aller Berechnungen.
Auf diese Weise gelang es, Referenzwerte für 169 Bildmerkmale festzulegen, an denen sich
andere Forschergruppen künftig auf Grundlage der allgemein zugänglichen Referenzmodelle und -bilddaten
orientieren können. Zudem erarbeiteten sie ein umfangreiches Handbuch, das eine Anleitung zur
Fehlersuche und -behebung in Radiomics-Softwareanwendungen bietet. „Damit lassen sich künftig
auch Studien nach IBSI-Standard durchführen, die allgemeingültig überprüfbar und nachvollziehbar
sind – eine wichtige Voraussetzung für wissenschaftlich korrektes Arbeiten und zukünftig für
standardisierte Therapievorschläge“, sagt Prof. Esther Troost, Direktorin der Klinik und
Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsklinikums Dresden und
Leiterin der Forschungsgruppe „Bildgestützte Hochpräzisionsstrahlentherapie“ am
OncoRay-Zentrum und am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. Neben der von der IBSI
vorangetriebenen Software-Standardisierung sind weitere wichtige Anpassungen nötig,
um Radiomics für die klinische Anwendung nutzbar zu machen. „So müssen etwa Bilddaten,
die die Grundlage der radiomischen Analyse bilden, absolut standardisiert und
qualitätsgesichert aufgenommen werden. Hierzu wird es künftig auch nötig sein,
bildgebende Geräte unterschiedlicher Hersteller in ihren Einstellungen aneinander
anzupassen“, erklärt Prof. Steffen Löck, Leiter der Forschungsgruppe ‚Modellierung
und Biostatistik in der Radioonkologie‘ am OncoRay-Zentrum. Die Forscher der Image
Biomarker Standardization Initiative werden den Anpassungsprozess künftig auf ihrem
Gebiet weiter vorantreiben. Im nächsten Schritt wollen sie die Software für Bildfilter
standardisieren, mit denen sich Strukturen innerhalb von Bilddateien klarer voneinander
abgrenzen lassen. Veröffentlichung Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung
des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden,
des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ).
Zwanenburg A, Vallières M, et al. 2020. The Image Biomarker Standardization Initiative:
standardized quantitative radiomics for high-throughput image-based phenotyping, Radiology,
DOI: https://pubs.rsna.org/doi/10.1148/radiol.2020191145
Quelle: Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC)
März 2020 |
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