Sexuelle Funktionsstörungen sind in der klinischen Praxis ein schwieriges Thema, das oft
mit Schamgefühl und hohen Hemmschwellen verbunden ist. „Ob Erektile Dysfunktion
oder Ejaculatio praecox – oft trauen sich Patienten nicht, diese Probleme mit ihrem Arzt
zu besprechen. Insbesondere ältere Betroffene haben damit häufig große
Schwierigkeiten“, erläutert der Hamburger Urologe Prof. Dr. Hartmut Porst.
Fokussierung auf Problem führt zu mangelnder Aufmerksamkeit
Eine aktuelle, umfangreiche Studie dokumentiert zudem, dass beide Partner
gleichermaßen von der Situation frustriert sind. 1.463 Frauen zwischen 20 und 50 Jahren,
deren Partner von EP betroffen sind, wurden zu dieser Funktionsstörung und ihren
Auswirkungen auf die eigene Sexualität befragt [7].
Wie die Ergebnisse zeigen, konzentriert sich der Mann zu sehr auf das Hinauszögern der
Ejakulation [7]. Dabei vernachlässigt er die Wünsche der Partnerin, was 47,6 % der
Befragten als häufigsten Grund für ihre sexuelle Unzufriedenheit angaben [7]. 39,9%
nannten eine kurze intravaginale Penetrationsdauer als Hauptursache für ihre sexuelle
Frustration [7]. „Der vorzeitige Samenerguss kann so belastend sein, dass Beziehungen
sogar beendet werden – bei etwa einem Sechstel der befragten Frauen war dies bereits
mindestens einmal der Fall“, wie die Autorin der Studie, Dr. Andrea Burri vom
Psychologischen Institut – Klinische Psychologie der Universität Zürich, erklärt. „Eine
wirksame Therapie kann sich daher positiv auf die Partnerschaft auswirken und zu einer
höheren sexuellen Lebensqualität führen.“
Anforderungen im Praxis-Alltag
Behandler stehen bei sexuellen Funktionsstörungen jedoch zunächst vor der Aufgabe,
Warnsignale zu erkennen und sexuelle Probleme anzusprechen. Hilfreich kann hierbei ein
Anamnesebogen im Wartezimmer sein, etwa der „Sexual Complaints Screener Men“ der
International Society of Sexual Medicine (ISSM) [8]. Ärzte können ihren Patienten zudem
helfen, indem sie die Gesprächsinitiative ergreifen und routinemäßig nach der Sexualität
fragen. Dadurch signalisieren sie, dass sie das Problem ernst nehmen und Hilfe möglich
ist.
„Um sexuelle Funktionsstörungen des Mannes frühzeitig zu erkennen, sollten Ärzte auch
die entscheidenden Vorerkrankungen beachten, wie bei der erektilen Dysfunktion etwa
Diabetes oder Herz-Kreislauferkrankungen. Für die Betroffenen stehen dann wirksame
Therapieoptionen bereit, um die sexuelle Lebensqualität zu verbessern“, sagt Prof. Dr.
Michael Zitzmann, Oberarzt am Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie des
Universitätsklinikums Münster. Auch der Betroffene und seine Partnerin können durch
offene Gespräche und der gemeinsamen Suche nach Lösungsansätzen dazu beitragen,
der sexuellen Frustration entgegenzuwirken.
Therapieoptionen bei ED und EP
Bei Erektiler Dysfunktion kann seit März 2014 der neue PDE5-Hemmer Avanafil
(Spedra®) eingesetzt werden. Bei der Entwicklung des Wirkstoffs standen die unmet
needs in der ED-Therapie im Fokus: So wollen sich Betroffene die Spontanität beim Sex
bewahren [9]. Unter den bislang verfügbaren PDE5-Hemmern kam es zudem bei mehr
als der Hälfte der Patienten zum Behandlungsabbruch, oft aufgrund von mangelnder
Wirksamkeit oder Nebenwirkungen [10]. Avanafil wird bei Bedarf 30 Minuten vor der
sexuellen Aktivität eingenommen (maximal 1 Tablette/24h), wobei die Standarddosierung
100 mg beträgt. In einer Dosierung von 200 mg kann Avanafil bereits 10 Minuten nach
erfolgter Einnahme wirken [11]. Mehrere Studien hatten verbesserte co-primäre Endpunkte
(SEP 2, SEP 3, IIEF-EF)* im Vergleich zu Placebo gezeigt [11-14]. Unter Avanafil (100mg
bzw. 200mg) kam es 15 Minuten nach der Einnahme zu 67% bzw. 71% erfolgreichen
Geschlechtsversuchen, unter Placebo zu 27% [12]. Hinzu kommt eine gute Verträglichkeit
durch die besondere Galenik und Molekülstruktur. Sie führt zur schnellen Resorption und
spezifischen Bindung an die PDE5. Die hohe Selektivität des Wirkstoffs gilt als
maßgeblich für die im Allgemeinen gute Verträglichkeit von Avanafil [15].
Ejaculatio praecox ist häufig therapierbar: Als erstes Medikament für die Behandlung
dieser Funktionsstörung wurde der kurzwirksame Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
Dapoxetin (Priligy®) entwickelt und zugelassen. Die nicht-interventionelle Studie PAUSE
(Premature Ejaculation – Actual Use Safety and Effectiveness Study) untersuchte die
Verträglichkeit unter Dapoxetin. 69,2% der 6.712 Patienten, die sich für diese Therapie
entschieden hatten, waren mit der Initialdosis von 30 mg bei Bedarf (max. 1 Tablette/24 h)
zufrieden und setzten die Therapie auch nach dem Studienzeitraum von 12 Wochen fort.
Der Anteil an Patienten aus der Dapoxetin-Gruppe, bei denen die Dosis innerhalb dieses
Zeitraums auf 60 mg bei Bedarf (max. 1 Tablette/24 h) erhöht wurde, lag bei 19% [16]. In
dieser Studie waren die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen Übelkeit (3,1%),
Kopfschmerzen (2,6%) und Schwindel (1,0%) [16]. In den Zulassungsstudien wurden zum
Teil andere Häufigkeiten beobachtet [17].
*
SEP – Sexual Encounter Profile
SEP 2 – Prozentsatz der Versuche, die zu erfolgreicher vaginaler Penetration führten
SEP 3 – Prozentsatz der Versuche, die zu erfolgreichem Geschlechtsverkehr führten
IIEF-EF – International Index of Erectile Function – Erectile Function domain
(Internationaler Index der Erektilen Funktion - Domäne Erektile Funktion
Referenzen:
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[10] Jiann BP et al. Int J Impot Res. 2006;18:146-149.
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Nov 21-24, 2013, New Orleans, LA, USA. Poster 125.
[12] Goldstein I et al. J Sexual Med. 2012;9:1122-1133.
[13] Goldstein I et al. Mayo Clin Proc. 2012;87(9):843-852.
[14] Mulhall JP et al. J Urol. 2013;189:2229-2236.
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[16] Mirone V et al. Eur Urol. 2014;65:733-739.
[17] McMahon CG et al. J Sex Med. 2011;8:524-539.
Quelle: Industrie-Symposium „Sexualmedizin in der Praxis“ im Rahmen der 66. Jahrestagung der
Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), Düsseldorf, 3. Oktober 2014 (Veranstalter: Berlin-
Chemie AG).
November 2014 |
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