"Die BPH beeinträchtigt die Lebensqualität und die Sexualität der Betroffenen schwer" [2], betonte
Prof. Dr. med. Michael Marberger (Wien). Dabei ist die BPH eine fortschreitende Erkrankung, wie
Marberger erklärte: "Bei Männern, die ursprünglich milde Symptome aufweisen, wird im Laufe des
'Watchful Waiting' eine Symptomprogression beobachtet" [6]. Dabei kommt es zur progredienten
Vergrößerung der Prostata, zur Verschlimmerung der Symptome und zur Abnahme der Harnstrahlrate
(Qmax.); als Resultat der unzureichenden Behandlung kann es zu einem akuten Harnverhalt
(AUR) und zur Notwendigkeit einer BPH-bedingten Operation kommen [7]. Epidemiologische Studien
aus Großbritannien beziffern die Kosten dafür mit 111 Millionen britischen Pfund (etwa 130 Millionen
Euro) pro Jahr [8]. "In einer alternden Gesellschaft müssen wir überlegen, wie wir Spätfolgen bei
Männern mit Risikofaktoren verhindern können", schloss Marberger.
Risikofaktoren für eine BPH-Progression
Als Risikofaktoren für eine Progression identifizierte Marberger die Schwere der Symptome des
unteren Harntraktes (Lower Urinary Tract Symptoms, LUTS), die Harnstrahlrate, das Prostatavolumen
und den PSA-Wert. So entwickeln Männer mit moderaten bis schweren LUTS dreimal
häufiger einen AUR als solche mit milden Symptomen, und bei Männern mit einer reduzierten
Harnstrahlrate ist die AUR-Wahrscheinlichkeit viermal höher als bei Männern mit milden Symptomen [7].
Ein Prostatavolumen von >30 ml und ein PSA-Wert >1,6 sind mit einer höheren Progressionsinzidenz
verbunden [9]. Weitere Studien zeigen laut Marberger, dass ein hoher Prozentsatz von BPH-Patienten
einen PSA-Wert von ≥ 1,5 hat [3].
"Die Kombination von Alpha-Blocker und 5-ARI kann für diese Männer eine Lösung sein", sagte
Marberger in Mailand und hob hervor: "Alpha-Blocker als Monotherapie allein können die Progression
und die Entstehung von LUTS nicht verhindern" [10]. "In der Kombinationstherapie werden die
unterschiedlichen Wirkweisen von zwei Medikamentenklassen miteinander vereint", so Marberger.
"Der Alpha-Blocker verbessert bereits nach einer bis zwei Wochen die Symptome und die Harnstrahlrate;
der 5-ARI reduziert das Prostatavolumen und führt zu einer nachhaltigen Symptomverbesserung,
wodurch Komplikationen wie AUR und BPH-bedingte Operationen auf lange Sicht verhindert
werden können" [3, 11], so der Referent weiter.
Die Realität in der klinischen Praxis sieht allerdings anders aus, wie Marberger anhand einer
europäischen und einer kanadischen Studie zeigte: "Demnach bekommen nur etwa die Hälfte der
Patienten eine medikamentöse Kombinationstherapie" [12, 13]. "Zurzeit behandeln wir nicht entsprechend
der vorhandenen Evidenz", kritisierte Marberger.
Evidenz fur die Kombinationstherapie
Diese Evidenz fasste Prof. Dr. med. Emberton (London) beim Symposium in Mailand zusammen
und präsentierte neue Daten zum Einfluss des Therapiebeginns auf den Erfolg der Therapie. "Die
Kombination Tamsulosin und Dutasterid ist die am besten durch Studiendaten belegte, abgesicherte
Therapieoption", sagte Emberton. Die Kombinationstherapie vom Alpha-Blocker und 5-ARI wird in
den diversen Leitlinien bei moderaten Symptomen, Prostatavolumen ≥ 30 ml und PSA ≥ 1,5 ng/ml
als signifikante medizinische Behandlung mit dem Evidenzgrad 1b für einen Langzeit-Therapieerfolg
bei Männern mit BPH und Progressionsrisiko empfohlen [14-19]. "Sie verlängert gegenüber den Einzeltherapien
signifikant die Zeit bis zu einer klinischen Progression [4] und verbessert signifikant die
Gesamtsymptomatik" [3], fasste Emberton zusammen. Gegenüber einer Tamsulosin-Monotherapie
allein verlängere sie zudem signifikant die Zeit bis zu einem AUR oder BPH-bedingter Operation [3].
Auch die Lebensqualität, gemessen mit Frage 8 des Internationalen-Prostata-Symptom-Score
(IPSS) Fragebogen "Wie würden Sie sich fühlen, wenn Ihre aktuelle Verfassung in Bezug auf das
Wasserlassen für den Rest Ihres Lebens so bleiben würde?", schnitt die Kombination aus Tamsulosin
und Dutasterid besser ab als die Einzeltherapien [20]. Aktuelle, auf dem 28. EAU-Kongress
präsentierte Daten zeigen zudem, dass die Kombinationstherapie gegenüber Tamsulosin-Monotherapie
in der Reduktion der Nykturie nach vier Jahren überlegen ist (CombAT Post-hoc-Analyse;
Oelke M. et al.: Eur Urol Suppl. Poster präsentiert beim 28. EAU 2013 Kongress).
Früher 5-ARI-Therapiebeginn vermeidet BPH-Progression
Wie Emberton zeigte, sollte die Kombinationstherapie aus einem Alpha-Blocker und einem 5-ARI
möglichst früh beginnen, um die Progression der Erkrankung zu verzögern. Laut einer retrospektiven
Studie verlängert eine frühe Kombinationstherapie die Zeit bis zu einer klinischen Progression
verglichen mit einer verzögerten 5-ARI-Gabe [5]. Aktuelle, noch unveröffentlichte Daten, die Emberton
beim EAU Symposium vorstellte, zeigen jetzt, dass die Kombination bei einer Patientenpopulation
(n=13.551) mit PSA >1,5 ng/ml, also bei Risikopatienten, das Risiko für eine Progression, AUR und
BPH-bedingten Operation verringert. Um mit dem Patienten das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Therapie
zu besprechen, müssen diesem die möglichen Nebenwirkungen gegenübergestellt werden. Als
relativ häufige Nebenwirkungen der 5-ARI nannte Prof. Dr. med. Andriole (USA), sexuelle Dysfunktionen
je nach Studie zwischen 7-18,5% [3, 10]. Diese träten seiner Erfahrung nach in der Praxis
öfter auf als in den Studien, merkte er kritisch an und führte dies auf eine heterogene Patientenklientel
und den sogenannten Nocebo-Effekt durch Erwähnung der möglichen Nebeneffekte im
Patientengespräch zurück [21].
Eine wesentliche Sorge der Urologen habe sich dagegen als unbegründet erwiesen: Die in einigen
Studien gezeigte höhere Inzidenz hochgradiger Prostatakarzinome [22]. Als eine mögliche Begründung
führte er an, dass die Prostatadrüsen durch die 5-ARI-Behandlung geschrumpft seien und dadurch
höhergradige Prostatakarzinome bei der Prostatabiopsie besser entdeckt werden könnten. Unter
Dutasterid gibt es nach vier Jahren keinen Unterschied in der Mortalität und in der Inzidenz von
Gleason 8-10-Prostatakarzinomen, fasste Andriole aktuelle Auswertungen der bestehenden
Studiendaten zusammen [3, 23-26].
PSA-Nadir ermitteln und konstant nachbeobachten
Unter einer 5-ARI-Therapie erhöht sich außerdem die Aussagekraft des PSA-Wertes als Alarmsignal
für ein Prostatakarzinom, insbesondere für höhergradige Prostatakarzinome [27]. "Es sollten
allerdings später gemessene PSA-Werte mit dem PSA-Nadir am Anfang der Therapie verglichen
werden" betonte Andriole. Es ist also zu empfehlen, zu Beginn der Therapie immer den PSA-Wert
zu messen. Der nach sechs Monaten bestimmte PSA-Wert sollte als neuer PSA-Ausgangswert
festgelegt werden und eine regelmäßige Überwachung folgen. "Jeder bestätigte Anstieg vom
niedrigsten Niveau unter Dutasterid kann dann ein Prostatakarzinom signalisieren", schloss
Andriole.
Referenzen:
Quelle: Satellitensymposium “Risk stratification to optimize the management of men with
symptomatic BPH at risk of progression”, am 15.3.2013 in Mailand. Veranstalter: GlaxoSmithKline.
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[2] Roehrborn CG. et al.: Prostate Cancer Prostatic Dis. 2006;9(1):30–4.
[3] Roehrborn CG et al.: Eur Urol. 2010;57(1):123–31.
[4] Emberton M. et al.: Eur Urol Supp 2012;11:747-poster. EAU Paris
http://curareg.uroweb.org/PostersParis2012/747.%20Mark%20Emberton/GSK-Emberton_v2.0_final.pdf.
[5] Naslund M. et al.: Curr Med Res Opin. 2009;25(11):2663-9.
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www.bjui.org/ContentFullItem.aspx?id=414&SectionType=4.
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[10] McConnell JD. et al.: New Engl J Med. 2003;349(25):2387–98.
[11] Madersbacher S. et al.: Eur Urol. 2004;46(5):547–54.
[12] Fourcade RO. et al.: World J Urol. 2012;30(3):419–26.
[13] Nickel JC. et al.: Can Urol Assoc J. 2008;2(4):367–73.
[14] NICE clinical guideline 97 (2010) http://guidance.nice.org.uk
[15] AUA Management of BPH (2010) http://auanet.org
[16] Guidelines on the treatment of non-neurogenic male LUTS, incl. Benign Prostatic Obstruction (BPO)
(2012). http://www.uroweb.org
[17] http://www.auro.it/linee-guida-su-luts-correlati-alliperplasia-prostatica-benigna.
[19] Homma Y et al 2011 IJU 18, 1–33. http://www.smu.org.mx/.
[20] Montorsi F. et al.: Int J Clin Pract. 2010;64(8):1042–51.
[21] Mondani N. et al.: J Sex Med. 2007;4(6):1708–12.
[22] Thompson I. et al.: N Engl J Med. 2003;349:215–24.
[23] Andriole GL. et al.: N Engl J Med. 2010;362:1192–202.
[24] Pinsky PF. et al.: Cancer 2013;119(3):593-601.
[25] Goodman P. et al.: J Clin Oncol 2013; 31(suppl 6; abstr 10).
[26] Monga M. et al.: Dutasteride meta-analysis 2013; accepted for publication in CUAJ.
[27] Marberger M. et al.: BJU Int. 2012;109(8):1162–9.
April 2013 | Printversion |
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