Schlüssel für den Fortschritt im Kampf gegen Krebs sind die „T-Zellen“. Prof. Wülfing: „Die körpereigenen
zytotoxischen T-Zellen, die in der Lage sind, körperfremde Zellen – auch Tumorzellen – zu
erkennen und zu zerstören, werden durch ein komplexes Zusammenspiel bestimmter aktivierender
und hemmender Signale gesteuert. Diese sogenannten Immun-Checkpoints steuern die Zerstörung
von fremden Zellen, verhindern dabei aber eine dauerhafte Immunantwort und somit eine
Schädigung gesunden Gewebes. Die wichtigsten Regulatoren in diesem Zusammenspiel sind
die PD-1-/PD-L1- und die CTLA-4 Signalwege, die in den letzten Jahren in den Fokus der
pharmakologisch-onkologischen Forschung kamen.“ Verschiedene neue Wirkstoffe, die diese
Signalwege anzielen, konnten synthetisiert und in klinische Studien eingebracht werden.
Zwei dieser neuen Substanzen zeigen in aktuellen Studien ein deutlich verlängertes Überleben für
Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom (mNZK) und für Patienten mit metastasiertem
Harnblasenkarzinom. Der Wirkstoff Nivolumab wurde in einer randomisierten Phase-III Studie zur
Zweitlinientherapie des mNZK (Nivolumab versus Everolimus in Advanced Renal-Cell Carcinoma,
Robert J. Motzer et al.) getestet. Insgesamt 821 Patienten wurden in den Nivolumab- oder
Everolimus-Therapiearm randomisiert. Es fand sich ein Gesamtüberleben von 25,0 versus 19,6 Monaten,
was einer 23%igen Verringerung des Sterberisikos entsprach.
Beim metastasierten Harnblasenkarzinom wurde die Substanz Atezolizumab in einer Phase-II Studie getestet,
die zuletzt im Januar 2016 in San Francisco vorgestellt wurde (IMvigor 210, a phase II trial of
atezolizumab (MPDL3280A) in platinum-treated locally advanced or metastatic urothelial carcinoma (mUC)).
Hier konnten 310 Patienten eingeschlossen und im Sinne einer Zweitlinientherapie nach
Cisplatin-Therapieversagen behandelt werden. Abhängig von der PD-L1-Expression im Tumorgewebe
konnte ein objektives Ansprechen in bis zu 26% und ein Überleben von bis zu 11.4 Monaten
erzielt werden.
„Erfreulicherweise gingen die Behandlungen mit diesen innovativen Substanzen insgesamt mit
einem sehr günstigen Toxizitätsprofil einher“, sagt der DGU-Pressesprecher. So scheinen die
Wirkstoffe nur sehr selten höhergradige Nebenwirkungen auszulösen. Selten scheint auch mit
immunvermittelten Nebenwirkungen wie Durchfall und Bauchkrämpfen oder Störungen der
Hormonproduktion und -regulation zu rechnen zu sein, deren Behandlung, laut Prof. Wülfing,
geschult erfolgen müsse.
Während Atezolizumab zunächst in einem klinischen Studienprogramm weiter verfolgt und derzeit
in einer Phase-III-Studie zur unterstützenden Therapie nach Entfernung der Harnblase
(adjuvante Therapie) getestet wird, ist der klinische Einsatz von Nivolumab zur Immuntherapie
beim metastasierten Nierenzellkarzinom in Deutschland in Kürze zu erwarten. Prof. Wülfing:
„Nachdem die amerikanische Zulassungsbehörde FDA aufgrund der dargestellten Studienergebnisse
Nivolumab Ende 2015 die Marktfreigabe für die Indikation fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom
erteilt hat, ist in den nächsten Monaten mit der europäischen Zulassung zu rechnen.“ Ein
wichtiger Schritt dahin ist getan: Aktuell hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP)
der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) die Indikationserweiterung empfohlen. Die
Empfehlung wird nun von der Europäischen Kommission, die über die Zulassung von Arzneimitteln
in den Mitgliedsstaaten entscheidet, geprüft. Nivolumab ist bereits bei metastasiertem
Lungen- und Hautkrebs zugelassen.
Quelle: DGU-Pressestelle
März 2016 |
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