Wirkmechanismuswechsel auf mTOR-Inhibition überwindet Resistenzen
In der Erstlinientherapie werden in der Regel Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) eingesetzt. Die
Tumoren entwickeln jedoch nach durchschnittlich 10 - 11 Monaten [4,5] Resistenzmechanismen
gegenüber gegen VEGF-gerichtete Behandlungen mit der Folge eines Progresses [6]. Als Ursache
für das Fortschreiten der Erkrankung gilt eine erworbene Resistenz des Tumors gegenüber dem
angewandten Wirkmechanismus. Dabei handelt es sich um einen komplexen tumorbiologischen Prozess,
bei dem es den Tumoren gelingt, die Hypoxie unter anti-angiogener Therapie zu umgehen [6].
Aktuell werden verschiedene Resistenzmechanismen von Tumorzellen diskutiert. Zum einen werden
die im Tumor verbliebenen Blutgefäße durch Perizyten geschützt; zum anderen werden alternative,
pro-angiogene Signalwege aktiviert [6]. In dieser Situation ist der Wechsel auf einen anderen
Wirkmechanismus sinnvoll, wie präklinische als auch klinische Daten belegen [7,8,9].
Mit Everolimus steht ein Präparat zur Verfügung, das die Serin/Threonin-Kinase mTOR inhibiert.
Diese befindet sich downstream aller Targets der TKI [10,11,12]. Zudem greift dieser mTOR-Inhibitor
komplex in die Signalwege der in Resistenzmechanismen involvierten Zellen ein: Tumor- und
Endothelzellen, Perizyten und Fibroblasten [10,11,12].
Die Wirksamkeit von Everolimus nach Progress unter einer gegen VEGF-gerichteten Therapie wurde
in der Plazebo-kontrollierten Phase-III-Studie RECORD-1 (REnal Cell cancer treatment with Oral
RAD001 given Daily) gezeigt (PFS: Everolimus vs. Plazebo: 4,9 Monate vs. 1,9 Monate; p<0,001) [9].
Aktuelle Ergebnisse einer Subgruppenanalyse dieser Zulassungsstudie weisen darauf hin, dass der
oral verfügbare mTOR-Inhibitor nach der Therapie mit nur einem TKI wirksamer ist als nach zwei TKI [13].
In der nicht-interventionellen Studie CHANGE (CHarakterisierung von Afinitor Nach Gezielter Ersttherapie)
wurde unter Praxisbedingungen für den Einsatz von Everolimus nach dem ersten TKI eine mediane Zeit bis
zum Progress von 9,7 Monaten beobachtet [14]. Somit zeigte sich im Praxisalltag nach dem ersten TKI
eine nahezu doppelt so lange Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung wie in der RECORD-1-Studie
(4,9 Monate; p<0,001) [9].
mTOR-Inhibition kann Resensibilisierung auf anti-angiogene Substanzen ermöglichen
Auch wenn die Behandlung mit Everolimus beim fortgeschrittenen RCC wirksam und gut verträglich ist,
entwickeln die Tumoren nach einiger Zeit ebenfalls Resistenzmechanismen gegenüber der mTOR-Inhibition
mit der Folge eines Tumorprogresses. In experimentellen in-vitro und in-vivo Untersuchungen wurde
nachgewiesen, dass die Resistenz gegenüber einer anti-angiogenen Behandlung mit der Anwendung des
oral verfügbaren mTOR-Inhibitors umkehrbar ist. Resistenzmechanismen, die sich unter der
TKI-Erstlinientherapie gebildet haben, können sich während der mTOR-Therapie zurückbilden,
da kein Selektionsdruck in der Zweitlinientherapie die Aufrechterhaltung dieser Resistenzmechanismen
bewirkt. Wird in dieser Situation erneut ein TKI gegeben, zeigt sich häufig wieder eine anti-tumorale
Aktivität. Der Wechsel des Wirkmechanismus auf Everolimus scheint somit eine Resensibilisierung
auf anti-angiogene Substanzen zu ermöglichen (Abb.) [15].
Diese Annahmen werden durch die Ergebnisse aktueller klinischer Studien unterstützt: In einer
RECORD-1-Subgruppenanalyse konnte mit der Sequenz TKI - Everolimus - TKI insgesamt ein verlängertes
Gesamtüberleben von 40,5 Monaten, gerechnet ab dem ersten TKI, erreicht werden [16]. Zudem führte
in einer weiteren Untersuchung von Grünwald et al. eine erneute Behandlung mit Sunitinib nach
Progress unter Everolimus zu einem PFS von 6,9 Monaten und bei 77% der Patienten zu einer
Kontrolle der Erkrankung [17].
Fazit:
Everolimus hat sich auf Grund seiner nachgewiesenen Wirksamkeit und Verträglichkeit
als feste Therapiegröße in der Behandlung des fortgeschrittenen RCC etabliert. Dieser oral verfügbare
mTOR-Inhibitor wird in den internationalen Leitlinien mit höchstem Evidenzlevel nach TKI-Versagen
empfohlen [1,2,3]. In klinischen Studien und im Praxisalltag konnte die Wirksamkeit des mTOR-Inhibitors
nach dem ersten TKI nachgewiesen werden. Zudem konnte gezeigt werden, dass ein Wechsel des Wirkmechanismus
auf den oral verfügbaren mTOR-Inhibitor eine Resensibilisierung auf anti-angiogene Substanzen ermöglichen
kann. Mit der Sequenz TKI - Everolimus - TKI ist somit ein therapeutischer Fortschritt in Sicht,
der in weiteren klinischen Studien untersucht werden muss.
Novartis Oncology
Referenzen
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[14] Bergmann et al. 2011. Journal of Clinical Oncology 29: suppl; Abstract # 4552.
[15] Ravaud et al. 2010. Ann Oncol 21:431-432.
[16] Blesius et al. ESMO 2010; Poster #908.
[17] Grünwald et al. 2011. Onkologie 34:310-314.
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