Metastasiert ein Prostatakarzinom, verliert die konventionelle antihormonelle Therapie häufig im Laufe
der Zeit ihre Wirksamkeit. "Da die Tumorzellen auch in diesem - vermeintlich hormonrefaktären - Stadium
hormonabhängig bleiben können, wird es heute metastasiertes kastrationsresistentes Prostatakarzinom (mCRPC)
genannt", erläuterte Prof. Dr. Jürgen Gschwend
(München) auf einer Pressekonferenz im Rahmen des DKK [1]. Nach aktuellen Erkenntnissen tragen beim mCRPC
mehrere Mechanismen dazu bei, dass der Androgenrezeptor trotz eines Testosteron-Serumspiegels unter der
Kastrationsgrenze von 50 ng/dl aktiviert wird und der Tumor daher weiterhin Androgen-abhängig wächst [2,3].
Außerdem persistiert die Androgenproduktion unter der konventionellen antihormonellen Therapie, weil diese
nur auf die Hoden wirkt, nicht jedoch auf die Nebennieren und die Tumorzellen, die ebenfalls Androgene
produzieren können [4,5].
Signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens
Hier setzt Abirateronacetat an: Sein aktiver Metabolit, Abirateron, unterdrückt effektiv die
Androgenproduktion in Hoden, Nebennieren und Tumorgewebe [6]. Die Zulassung des ersten steroidalen
Androgen-Biosynthese-Inhibitors basiert auf der Phase-III-Studie COU-AA-301, in der 1.195 Patienten mit
mCRPC nach Versagen einer Docetaxel-haltigen Chemotherapie Abirateronacetat oder Placebo - jeweils in
Kombination mit Prednison/Prednisolon - erhalten hatten (AAP vs. PP) [7]. AAP verlängerte gegenüber PP
das Gesamtüberleben signifikant um 4,6 Monate (median 15,8 vs. 11,2 Monate, HR=0,74, p<0,0001) [8].
Darüber hinaus schnitt AAP bei allen sekundären Endpunkten signifikant besser ab als PP (radiologisch
bestätigtes Progressions-freies Überleben, Zeit bis zur PSA-Progression, PSA-Ansprechen gesamt/bestätigt,
je p<0,0001) [7]. In der Verumgruppe traten im Vergleich zur Kontrollgruppe häufiger Mineralkortikoid-bedingte
unerwünschte Ereignisse (alle WHO-Grade) auf, etwa Flüssigkeitsretention (33% vs. 24%), Hypertonie (11% vs. 8%)
und Hypokaliämie (18% vs. 9%). Die meisten anderen unerwünschten Ereignisse hatten einen WHO-Schweregrad 1 oder 2 und
lagen auf dem Niveau des Kontrollarms [8].
Signifikante Effekte auf Schmerz, SRE, Fatigue und Lebensqualität
AAP konnte zudem gegenüber PP den Anteil der Patienten mit Schmerzlinderung signifikant steigern
(44,4% vs. 27,0%, p=0,0002) und das Auftreten von Skelett-bezogenen Ereignissen (SRE) signifikant
hinauszögern (median 301 vs. 150 Tage, p<0,0001) [9]. Der Anteil der Patienten mit einer Besserung
der Fatigue-Intensität war unter AAP ebenfalls signifikant größer als unter PP (57,6% vs. 40,3%,
p=0,0001) [10]. Die Kombination aus guter Wirksamkeit und Verträglichkeit steigerte zudem die
Lebensqualität: So erzielten signifikant mehr Patienten eine Verbesserung im Fragebogen FACT-P
(The Functional Assessment of Cancer Therapy-Prostate) (AAP vs. PP: 48% vs. 32%, p<0,001) [11].
"Abirateron verlängerte nicht nur das Überleben signifikant, sondern erzielte auch erhebliche
palliative Effekte. Zudem handelt es sich um eine orale, gut verträgliche Therapie, die sich für
eine ambulante Betreuung eignet", so das Fazit von Gschwend.
CTCs - ein neuer Prognosemarker?
Eine weitere Fortentwicklung beim CRPC stellen die zirkulierenden Tumorzellen (CTCs) dar.
"Wir hoffen, künftig anhand der CTCs beim mCRPC das Ansprechen der Therapie besser abschätzen
zu können. Denn es gibt zunehmend Hinweise, dass sich der PSA-Wert in dieser Situation nicht
als Surrogatmarker eignet", erklärte PD Dr. Thomas Steuber von der Martini-Klinik am Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf. Nach seinen Angaben ist beim mCRPC ein CTC-Wert von =5 pro 7,5 ml Blut mit einer
schlechteren Prognose verbunden. So war in einer Studie das mediane Überleben bei 231 mCRPC-Patienten
signifikant länger, wenn sie vor Beginn einer neuen zytotoxischen Therapie einen CTC-Wert <5 hatten
(<5 vs. =5: 21,7 vs. 11,5 Monate, p<0,0001) [12]. Auch unter der Therapie gingen CTC-Werte <5 mit
einem besseren Überleben einher. Die Dynamik des CTC-Verlaufs spielte ebenfalls eine Rolle für die
Prognose. Dabei war der CTC-Wert unter der Therapie ein besserer Prädiktor für das Überleben als
der Abfall des PSA-Werts. In einer weiteren Studie mit 100 überwiegend metastasierten CRPC-Patienten
unter Standard- oder Studienmedikation zeigte sich, dass der CTC- und der LDH-Wert zu Studienbeginn
unabhängige prognostische Faktoren für das Überleben waren, der PSA-Wert hingegen nicht [13].
Der signifikante prognostische Wert von CTC und LDH zu Studienbeginn bestätigte sich auch in
der Zulassungsstudie von Abirateronacetat. Zudem kam es hier unter AAP in den Wochen 4, 8 und 12
signifikant häufiger als unter PP zur Konversion von hohen (=5) auf niedrige (<5) CTC-Werte (je p<0,0001) [14].
Anhand eigener Daten aus dem Härtefallprogramm der Martini-Klinik konnte Steuber zeigen, dass sowohl
der CTC-Wert zu Beginn (<5 vs. =5) als auch die CTC-Konversion unter Abirateron
(immer <5, von =5 nach <5, von <5 nach =5, immer =5) einen Einfluss auf das Risiko einer
radiologischen Progression haben. Am besten schnitten Patienten ab mit <5 CTC zu Beginn bzw.
immer <5 CTC sowie Konversion von =5 nach <5 CTC. "Die Messung der CTCs eignet sich zwar noch
nicht für den Alltag, doch ein schnelleres Abschätzen des Ansprechens wird immer wichtiger, weil
uns beim mCRPC zunehmend Therapieoptionen zur Verfügung stehen", hob Steuber hervor.
Quelle: Pressekonferenz "Zytiga®: Aktuelle Entwicklungen beim metastasierten kastrationsresistenten
Prostatakarzinom (mCRPC)" im Rahmen des Deutschen Krebskongresses, am 23.2.2012 in Berlin.
Veranstalter: Janssen-Cilag.
Referenzen:
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[2] Sharifi N et al. Getting from here to there"--mechanisms and limitations to the activation
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confirms that castration-resistant prostate cancer commonly remains hormone driven. J Clin Oncol. 2008;26:4563-71
[5] Attard G, et al. Antitumor activity with CYP17 blockade indicates that castration-resistant
prostate cancer frequently remains hormon driven. Cancer Res. 2009;69:4937-40
[6] Aktuelle Fachinformation Zytiga®
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[8] Fizazi K, et al. Final Overall Survival (OS) Analysis of COU-AA-301, a Phase 3 Study of
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[9] Logothetis C, et al. Effect of abiraterone acetate (AA) on pain control and skeletal-related events
(SRE) in patients (pts) with metastatic castration-resistant prostate cancer (mCRPC) post docetaxel (D):
Results from the COU-AA-301 phase III study. J Clin Oncol. 2011;29(suppl): Abstract 4520 (oral presentation)
[10] Sternberg CN, et al. Fatigue Improvement/Reduction With Abiraterone Acetate in Patients With
Metastatic CRPC Post-Docetaxel: Results From the COU-AA-301 Phase 3 Study. ECCO 2011: Abstract 7015 (poster)
[11] Harland S, et al. Abiraterone Acetate Improves Functional Status in Patients With Metastatic
Castration-Resistant Prostate Cancer Post-Docetaxel: Results From the COU-AA-301 Phase 3 Study.
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[12] de Bono JS, et al. Circulating tumor cells predict survival benefit from treatment in metastatic
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[13] Goodman, OB, et al. Circulating Tumor Cells in Patients with Castration-Resistant Prostate Cancer
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[14] Scher HI, et al. Evaluation of Circulating Tumor Cells (CTCs) as an Efficacy Response Biomarker
of Overall Survival (OS) in Metastatic Castration-Resistant Prostate Cancer (mCRPC): Updated OS
Analysis of COU-AA-301, a Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Phase 3 Study of Abiraterone
Acetate (AA) Plus Low-dose Prednisone (P) Post Docetaxel. J Clin Oncol. 2011;29: Abstr. LBA4517
(oral presentation).
März 2012 |
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