Diese Position hat der G-BA nun ignoriert. „Die DGU hält es für eine folgenschwere
Fehlentscheidung zum Nachteil der Patienten, dass die gesetzlich geregelte Früherkennung
des Prostatakarzinoms, wider die Empfehlungen einer großen wissenschaftlichen Allianz,
auch künftig ausschließlich über die digital-rektale Untersuchung erfolgt“, kommentiert
DGU-Generalsekretär und Sprecher des Vorstands Prof. Dr. med Maurice Stephan Michel den
heute bekanntgegebenen Beschluss des G-BA. „Damit wurde eine bisher einmalige Chance
vertan, die Prostatakrebs-Früherkennung nach dem Stand zeitgemäßer Diagnostik zu verbessern.“
Auch mit Blick auf das lange etablierte Mammografie-Screening der Frau werde eine
gesundheitspolitisch unausgewogene Versorgung der Geschlechter fortgesetzt.
Mit jährlich rund 60.000 Neuerkrankungen ist das Prostatakarzinom die häufigste
Krebserkrankung des Mannes in Deutschland; etwa 14.000 Männer sterben pro Jahr
an den Folgen eines Prostatakarzinoms.
In seinem Beschluss zur „Bewertung des Prostatakrebs-Screenings mittels Bestimmung
des PSA“ schließt sich der G-BA der Bewertung des Abschlussberichts des Instituts
für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) an. Laut heutiger
Pressemitteilung des G-BA komme es beim Einsatz des Screenings in der Früherkennung
zu einer hohen Anzahl von falsch-positiven Ergebnissen und zu Überdiagnosen, d.h.
es werden Prostatakarzinome entdeckt, die etwa aufgrund eines sehr langsamen Wachstums
bei älteren Männern eigentlich nicht hätten behandelt werden müssen.
Diese Nutzen-Schaden-Bilanz hätte auch dann Bestand, wenn es in einzelnen
Fällen Vorteile – frühes Erkennen von bösartigen Tumoren, verzögertes Fortschreiten
der Krankheit sowie weniger Todesfälle durch den Krebs – gibt, so der G-BA.
Dieser Bewertung widerspricht die DGU vehement. „Wie in unseren Stellungnahmen, die wir in das
Bewertungsverfahren eingebracht haben, bleibt zu betonen, dass es bei der Bestimmung des PSA-Werts
nicht um eine systematische, rein altersbezogene Reihenuntersuchung geht, wie es der
bedauerlicherweise verwendete Begriff Screening impliziert, sondern um einen wesentlichen
Grundstein für eine risikoadaptierte, individualisierte Prostatakarzinom-Früherkennung im
Sinne einer nicht organisierten, opportunistischen Früherkennung nach leitliniengerechter
Aufklärung mit partizipativer Risiko-Nutzenabwägung durch den Urologen. Ebendieses individuelle
Vorgehen und die gemeinsame Entscheidung von qualifiziertem Urologen und Patient führen zu einem
differenzierten Einsatz der PSA-Bestimmung, der falsch-positive Befunde sowie Überdiagnosen und
-therapien auf ein in der Onkologie vertretbares Maß minimiert“, erklärt DGU-Präsident
Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl. Außerdem lasse der G-BA bei seiner Bewertung den vermehrten
Einsatz der aktiven Überwachung beim Prostatakarzinom mit niedrigem Risikoprofil unberücksichtigt.
Unbenommen von der Entscheidung des G-BA gegen die Erstattungsfähigkeit des PSA-Tests in der
Gesetzlichen Krankenversicherung bleibt der medizinische Nutzen des risikoadaptiert eingesetzten
PSA-Tests als Baustein der Prostatakarzinom-Früherkennung unbestritten. Es steht jedem einzelnen
Patienten frei, sich hierüber bei einem Facharzt/einer Fachärztin für Urologie zu informieren
und nach ergebnisoffener Beratung für eine PSA-Bestimmung zu entscheiden. „Mithilfe dieses
Bausteins und weiterer Parameter ist es möglich, klinisch relevante Karzinome zu identifizieren,
die behandelt werden sollten, um das Risiko zu verringern, an einem metastasierten Prostatakarzinom
zu versterben“, hält Prof. Michel fest. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. werde
bei der Aufklärung über die Früherkennung des häufigsten Karzinoms des Mannes nicht
nachlassen und auch ihre Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe (BPS)
weiter intensivieren, um dem negativen Effekt des G-BA-Beschlusses auf die
Prostatakrebs-Früherkennung in Deutschland entgegenzuwirken.
Die aktuelle G-BA-Entscheidung steht am Ende eines zweijährigen Entscheidungsprozesses, der durch einen Antrag der Patientenvertretung im G-BA, namentlich dem BPS vom 29.10.2018, initiiert wurde.
Quelle: DGU
Dezember 2020 |
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