Prostatakrebs ist in Deutschland mit knapp 60.000 neu diagnostizierten Fällen
pro Jahr die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Der Tumor entwickelt sich
in der Regel sehr langsam, nicht bei allen Patienten ist daher eine sofortige
Therapie notwendig. Bisher war es jedoch nicht möglich, zwischen gutartigen
und aggressiven Typen der Erkrankung zu unterscheiden – insbesondere, wenn
der Tumor in einem frühen Stadium entdeckt wurde.
Um Kriterien für diese Unterscheidung zu erarbeiten, haben Forschende der
Charité zusammen mit einer Reihe von deutschen und internationalen
Arbeitsgruppen das gesamte molekulare Profil von fast 300 Prostatatumoren
untersucht. Dazu entschlüsselten sie die Sequenz und die chemischen
Veränderungen der Erbinformation und maßen die Genaktivität im Krebsgewebe.
Die Analyse der Daten gab Hinweise auf die zeitliche Abfolge von
Mutationsereignissen, durch die Prostatakrebs entsteht. „Wir konnten
Tumor-Subtypen identifizieren, die verschieden schnell fortschreiten und
deshalb unterschiedlich therapiert werden müssen“, sagt Prof. Dr. Thorsten Schlomm,
Direktor der Klinik für Urologie an der Charité und einer der leitenden Studienautoren.
Er fügt hinzu: „Wir wissen jetzt, welche die frühesten Mutationen sind,
die eine Entartung von Prostatazellen einleiten, und welche Mutationen
häufig folgen.“ Auf Basis dieser Ergebnisse entwickelten die Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler ein Computermodell, das den Krankheitsverlauf eines
einzelnen Patienten prognostizieren kann. „Wenn der Tumor eines Patienten
eine bestimmte Mutation aufweist, können wir nun vorhersagen, welche
Mutation voraussichtlich als nächstes auftreten wird – und wie gut die
Prognose des Patienten ist“, erklärt Prof. Schlomm. „Unser Team arbeitet
derzeit daran, das Computermodell an der Charité in die Behandlungsstrategie
einzubinden, um vor einer Therapie deren Erfolg zu simulieren. Wir rechnen
mit einem Zeithorizont von zwei bis drei Jahren, bis das algorithmenbasierte
Vorgehen vollständig etabliert ist.“
Um die Verlässlichkeit der Vorhersage zu verbessern, plant das Forschungskonsortium, in den nächsten Jahren zusammen mit dem neu gegründeten Haupstadt-Urologie-Netzwerk – einem Zusammenschluss der Charité mit niedergelassenen Urologen in Berlin und Brandenburg – zusätzliche Daten von einigen tausend Patienten zu sammeln und in das Computermodell einfließen zu lassen. In Zukunft soll das Programm Ärztinnen und Ärzten die Entscheidung erleichtern, welche individuelle Therapie bei welchem Patienten angeraten ist.
*Gerhauser C, et al. 2018. Molecular Evolution of Early-Onset Prostate Cancer
Identifies Molecular Risk Markers and Clinical Trajectories.
Cancer Cell. 2018 Dec 10.
doi: 10.1016/j.ccell.2018.10.016
Kontakt: Prof. Dr. Thorsten Schlomm, Direktor der Klinik für Urologie,
Charité–Universitätsmedizin Berlin,
Tel.: +49 30 450 515 002
Quelle: Charité
20. Februar 2019
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