„Angesichts einer Flut hochwertiger internationaler Konsensuspapiere war die
Zeit reif für eine nationale S3-Leitlinie, in der wir klare Empfehlungen für
eine evidenzbasierte Diagnostik und Versorgung anhand wissenschaftlich gestützter
Informationen herausgefiltert haben“, sagt DGU-Leitlinienkoordinatorin Prof. Dr. Sabine Kliesch.
In der Leitlinie geben 15 Fachgesellschaften und 15 Arbeitsgruppen sowie
Arbeitskreise von Fachgesellschaften und Patientenvertreter nun in 20 Kapiteln
auf 240 Seiten evidenz- und konsensbasierte Handlungsempfehlungen für die an
der Behandlung beteiligten Ärzte sowie für die Patienten.
Keimzelltumoren des Hodens zählen zu den Krebserkrankungen mit den höchsten
Überlebenswahrscheinlichkeiten und entsprechend hohen relativen 5-Jahres-Überlebensraten
von zuletzt 96 Prozent. Auch nach zehn Jahren liegt dieser Anteil immer
noch bei 95 Prozent. Allerdings zeigen Analysen des Nationalen
Zweitmeinungsprojekts Hodentumor nach zehn Jahren Laufzeit und über
6.000 Zweitmeinungen, dass jede 5. Zweitmeinung zu einer Optimierung
der Therapieplanung führt. „Die S3-Leitlinie soll die Prognose für alle
Patienten verbessern und Über- sowie Untertherapie vermeiden“, so Prof. Kliesch.
Dazu gehört die Empfehlung, dass Patienten mit metastasiertem Hodenkrebs in
Einrichtungen mit ausgewiesener Expertise behandelt werden sollen.
Bei der Nachsorge sollte zur Minderung der Strahlenbelastung die
Computertomographie des Abdomens und Beckens durch die Magnetresonanztomographie
ersetzt werden, wenn diese an Zentren mit ausgewiesener Erfahrung erfolgen.
Für eine adäquate Nachsorge zum Ausschluss eines Rezidivs empfiehlt die Leitlinie
den verschiedenen Risikogruppen entsprechende Nachsorgeuntersuchungen und stellt
tabellarische Pläne zum Download zur Verfügung. Außerdem berücksichtigt die
Leitlinie therapiebedingte Spätfolgen und Langzeitschäden wie den
Testosteronmangel oder kardiovaskulären Risiken und legt besonderes
Augenmerk auf den Fertilitätserhalt. „Spätestens vor Beginn einer Chemo-
oder Strahlentherapie soll den Patienten die Kryokonservierung von Spermien
angeboten werden“, sagt die DGU-Leitlinienkoordinatorin und betont, dass die
Kostenübernahme für diese Maßnahme durch die Krankenkassen unmittelbar bevorstehe.
Während ein allgemeines Screening zur Früherkennung nicht empfohlen wird, ist
die regelmäßige Selbstuntersuchung der Hoden insbesondere bei jungen Männern
sinnvoll. Bei Vorliegen von Risikofaktoren sollte laut Leitlinie das Vorliegen
eines Keimzelltumors abgeklärt werden. Anerkannte Risikofaktoren sind die
Vorerkrankung mit einseitigem Hodentumor, ein Hodenhochstand, eine positive
Familienanamnese sowie Infertilität. „Anleitung zur Selbstuntersuchung gibt
die DGU auf ihrem Internetportal www.hodencheck.de , das bereits 2017 anlässlich
der urologischen Themenwoche Hodenkrebs eingerichtet wurde und Jugendliche und
Männer ab dem Pubertätsalter zur regelmäßigen Eigenuntersuchung der Hoden aufruft“,
erinnert DGU-Pressesprecher Prof. Wülfing.
Mit der Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens“ haben die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. und das Leitlinienprogramm Onkologie ihr Leitlinienangebot erneut ausgebaut und nach den S3-Leitlinien zum Prostatakarzinom, zum Nierenzellkarzinom und dem Harnblasenkarzinom nun die vierte onkologische Leitlinie höchster Klassifikation publiziert. Eine begleitende Patientenleitlinie zu Hodentumoren ist derzeit in Arbeit.
Quelle: DGU
22. Mai 2019 |
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