Der Wegfall von LUTS als Kontraindikation für einen Testosteronausgleich ist eine der
wichtigsten Neuerungen in den aktualisierten Leitlinien der European Association of
Urology (EAU) zum Männlichen Hypogonadismus [1], erklärten Experten beim International
Congress on Men´s Health Anfang Oktober in Wien. Eine frühzeitige Testosterontherapie
könnte sogar die chronische intraprostatische Inflammation bremsen, die laut einer
Studie [2] mit Schweregrad und Progression der BPH assoziiert ist. Ergebnisse einer
Pilotstudie [3] aus Florenz weisen nun darauf hin, dass so möglicherweise langfristig
eine Operation hinausgezögert oder vermieden werden könnte.
Testosteron vermindert chronische Inflammation im prostatischen Gewebe
Von den 120 in die Studie [3] eingeschlossenen BPH-Patienten mit MetS wiesen etwas
mehr als die Hälfte (60%) einen Hypogonadismus auf. Vor der geplanten Operation
erhielten 34 Patienten placebokontrolliert ein Testosteron-Gel (2%,
50 mg/Tag), wie Dr. Giulia Rastrelli berichtete. Im Vergleich zu den 38 Kontrollen
waren nach 24 Wochen die Entzündungsmarker im prostatischen Gewebe signifikant
zurückgegangen. Das Prostatavolumen hatte zwar zugenommen, die LUTS-Symptomatik
hatte sich jedoch nicht verschlechtert. Im IPSS (International Prostate Symptome
Score) zeigte sich in der Domäne der störenden Symptome (Symptom bother) sogar
eine Verbesserung.
LUTS bei Testosteronausgleich nicht verschlechtert
Wie Prof. Ulrich Wetterauer (Freiburg) darlegte, verbessert die Testosterontherapie
das MetS, das seinerseits die LUTS fördert. Dass der Testosteronausgleich bei
hypogonadalen BPH-Patienten die LUTS nicht verschlechtert, ist für den Urologen
hinreichend belegt – unter anderem durch eine Metaanalyse von 14 placebokontrollierten
Studien mit mehr als 2.000 Patienten [4] und die über 36 Monate laufende
RHYME-Studie [5]. Eine aktuelle Studie [6] dokumentiert bei Patienten mit
LUTS und Erektionsproblemen (ED) sowie symptomatischem Testosteronmangel
(Aging-Male-Score [AMS] >27) nach dreimonatiger Therapie mit 1%-igem
Testosteron-Gel wie Testogel® (50 mg Testosteron/Tag) vs. Placebo einen
signifikant verminderten AMS (52,1 → 18,4), eine Verbesserung des IIEF-5
(International Index of Erectile Function, 15 → 19,6) und des Uroflow
(16,4 → 18,4 ml/s).
Sexualprobleme: frühe Marker von Gesundheitsproblemen
Die medikamentöse Therapie von LUTS (Alpha-Blocker, 5-Alpha-Reduktase-Inhibitoren)
kann zu Sexualstörungen führen. Diese sind als Einzelsymptom der häufigste Grund
für die Konsultation eines Arztes, so Prof. Michael Zitzmann (Münster), und
sollten immer als Warnsignal verstanden werden: Erektionsprobleme weisen häufig
auf eine endotheliale Dysfunktion hin und stellen somit Risikomarker für
kardiovaskuläre Erkrankungen dar. Libidoverlust kann ein erstes Zeichen für
einen latenten Hypogonadismus sein. Eine Ejaculatio praecox wiederum wird mit
Depressionen in Verbindung gebracht.
Insgesamt besteht damit ein großes Potenzial in der Prävention, so das
Fazit der Referenten zur Männergesundheit. „Der Urologe sollte deshalb der
´Big brother` jedes Mannes sein“, erklärte Prof. Georg Schatzl (Wien).
Langfristige Therapie bessert (prä-)diabetische Stoffwechsellage
Erstmals wurden jetzt auch Registerdaten präsentiert, wonach unter langfristiger (rund acht Jahre) Testosterongabe das Risiko für die Progression eines Prädiabetes zum Diabetes mellitus Typ 2 (DMT2) sinkt. Wie Prof. Farid Saad (Berlin/Ajman) berichtete, erhielten 220 von 303 hypogonadalen Patienten mit Prädiabetes eine Testosterontherapie. Von 83 Patienten, die dies nicht wünschten, entwickelten 40 Prozent langfristig einen DMT2, in der Testosterongruppe hingegen kein einziger Patient [7]. Hier normalisierte sich bei 90 Prozent im Verlauf der Therapie sogar die prädiabetische Stoffelwechsellage (HbA1c <5,7 %). In einer weiteren Registerstudie wiesen rund 33 Prozent (n=133) von 400 hypogonadalen Patienten einen manifesten DMT2 zu Beginn der Testosterontherapie auf. Langfristig wurde bei 12 Prozent (16 von 133) eine Remission des DMT2 dokumentiert [8]. Bei Baseline waren diese Patienten im Mittel 60,1 Jahre alt und erhielten orale Antidiabetika (Metformin), fünf zusätzlich Insulin. Die antidiabetischen Medikamente konnten nach im Mittel 6,2 Jahren unter Testosterontherapie abgesetzt werden.
Literatur:
Quelle: International Congress on Men´s Health, Wien, 5.-6. Oktober 2018,
Veranstalter: Postgraduate International School of Men´s Health
[1] Dohle GR, et al., Guidelines on male hypogonadism. European Association
of Urology 2017. ISBN 978-94-92671-01-1
[2] Nickel JC, et al., J Urol 2016;196:1493
[3] Florence-PROTEST. Online abrufbar unter:
https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02366975
(letzter Zugriff: 14.11.2018)
[4] Kohn TP, et al., Eur Urol 2016; 69(6):1083
[5] Debruyne F, et al., BJU Int 2017; 119:216
[6] Yucel C, et al., Curr Urol 2017; 11:4-8
[7] Saad F, et al., Diabetes 2018; 67(Suppl. 1): A 281, 1063-P
[8] Haider KS, et al., Diabetes 2018; 67(Suppl. 1): A 33, 125-OR
16. November 2018 |
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