Welche Vorteile bietet Radium-223 im Vergleich zu Supportiv- und Schmerztherapien?
"Radium-223 wird aufgrund seiner Ähnlichkeit mit Kalzium in neu gebildete Knochensubstanz in und
um ossäre Metastasen eingebaut und eradiziert benachbarte Tumorzellen", erklärte Sebastian Mehl,
Nuklearmediziner aus Berlin die Wirkweise von Radium-223. Da die Reichweite eines Alpha-Strahlers
gering sei und nur im Mikrometerbereich liege - im Gegensatz zu Betastrahlern mit einer Reichweite
von einigen Millimetern - werde umliegendes gesundes Gewebe geschont [1]. Radium-223 ist zudem das
bisher einzige Radionuklid, für das bei CRPC-Patienten mit Knochenmetastasen ein lebensverlängernder
Effekt belegt werden konnte [1]. In der Zulassungsstudie ALSYMPCA verlängerte Radium-223 das mediane
Gesamtüberleben signifikant um 3,6 Monate im Vergleich zum besten Therapiestandard allein
(14,9 vs. 11,3 Monate, p<0,001) [2]. Zudem konnte in der Radium-223-Gruppe die Zeit bis zum
Auftreten des ersten symptomatischen skelettalen Ereignisses, zum Beispiel eines pathologischen
Knochenbruchs, um 5,8 Monate im Vergleich zur Kontrollgruppe (15,6 vs. 9,8 Monate, p<0,001) verlängert
werden und so die Lebensqualität erhalten werden [2]. Gleichzeitig besaß Radium-223 ein günstiges
Sicherheitsprofil [2].
"Eine Therapie mit Osteoprotektiva wie Bisphosphonate und Denosumab beugt ebenfalls
skelettalen Komplikationen vor und erhält die Lebensqualität der Patienten", erläuterte Herr Mehl.
Eine Verlängerung des Überlebens konnte aber bisher für diese Substanzen nicht belegt werden [3].
Radium-223 kann parallel zu osteoprotektiven Medikamenten gegeben werden und wird in der
S3-Leitlinie Prostatakarzinom 2014 bei Patienten mit kastrationsresistenter, symptomatischer
progredienter Erkrankung und ossärer Metastasierung als Erstlinien- und als Zweitlinientherapie
empfohlen [4].
Wie sieht der ideale Xofigo®-Patient aus?
"Voraussetzung für den Einsatz von Radium-223 ist ein kastrationsresistentes Prostatakarzinom
und das Vorliegen von symptomatischen Knochenmetastasen. Bekannte Organmetastasen, zum Beispiel
in der Leber, im Gehirn oder der Lunge, sind Ausschlusskriterien, Lymphknotenmetastasen hingegen
sind keine viszeralen Metastasen", führt Herr Mehl weiter aus. In der ALSYMPCA-Studie wurden
Patienten mit einem symptomatischen, ossär metastasierten CRPC ohne bekannte viszerale Metastasen
eingeschossen [2]. 614 von den insgesamt 921 aufgenommen Patienten erhielten Radium-223, die
übrigen Placebo - jeweils zusammen mit dem bestmöglichen Therapiestandard [2].Der beste
Therapiestandard beinhaltete u.a. die Fortführung einer wirksamen antiandrogenen Therapie
durch chirurgische Kastration, einer Therapie mit LHRH-Analoga oder/und Androgenrezeptorblockern
wie Bicalutamid und Nilutamid sowie Bisphosphonate [2]."Inzwischen sind moderne Hormontherapeutika
zum besten Therapiestandard bei mCRPC-Patienten hinzugekommen, die sicher gleichzeitig mit
Radium-223 verabreicht werden können und den zusätzlichen Nutzen von Radium-223 keineswegs
schmälern", betonte Dr. Martin Bögemann aus Münster. Das haben die Daten einer Phase-III-b-Studie
im Rahmen eines internationalen Early-Access-Programms (iEAP) unter Real-life-Bedingungen bestätigt.
Etwa ein Viertel (26 Prozent) der 696 mCRPC-Patienten der Sicherheitspopulation wurden mit
den neuartigen Antihormontherapien Abirateron und Enzalutamid behandelt [5]. "Aus den explorativen
Analysen ergaben sich Hinweise auf ein verlängertes Gesamtüberleben bei gleichzeitiger Therapie
mit Radium-223 und Abirateron oder Enzalutamid", berichtete Dr. Bögemann. Insgesamt betrug das
mediane Gesamtüberleben der Studienteilnehmer 16 Monate und war ähnlich wie in der Zulassungsstudie [5].
"Im klinischen Alltag könnte bei mCRPC-Patienten, die bereits eine neuartige Antihormontherapie
erhalten, bereits bei ersten Anzeichen von Progress ein guter Zeitpunkt für den Beginn der
Therapie mit Radium-223 sein", sagte Dr. Bögemann. So könne das erneute Fortschreiten der
Erkrankung, das früher oder später zu erwarten sei, vermutlich am besten hinausgezögert werden.
Wirkt sich Radium-223 auf eine Chemotherapie aus?
Bedenken, dass Radium-223 (6 Injektionen in 4-wöchentlichen Abständen) das Knochenmark
womöglich anhaltend beeinträchtigen und dadurch eine nachfolgende Chemotherapie ungünstig
beeinflussen könnte, räumte Professor Dr. Hans Heinzer aus Hamburg aus. "Eine Chemotherapie
im Anschluss an Radium-223 ist möglich und lässt unter fachgerechter Kontrolle klinisch keine
vermehrten Probleme erwarten", betonte der Urologe. Das bestätigen auch die explorativen Analysen
der dreijährigen Nachbeobachtungsphase der Zulassungsstudie, in der insgesamt 142 Patienten der
Radium-223-Gruppe und 64 Patienten der Placebogruppe eine Chemotherapie erhielten. Unabhängig
von einer Radium-223-Vortherapie war der Verlauf der hämatologischen Parameter bis zu 18 Monate
nach Initiierung einer Chemotherapie vergleichsweise konstant [6].
Wie arbeiten Urologe und Nuklearmediziner effektiv zusammen?
"Die Radium-223-Therapie ist Teamarbeit von Urologe und Nuklearmediziner, die ähnlich
funktioniert wie bei einer Strahlentherapie und nicht aufwendiger ist", sagte
Privatdozent Dr. Manfred Johannsen, Urologe aus Berlin. Der Urologe sollte die
wichtigsten Daten eines Patienten, der ihm für die Therapie geeignet erscheint - kurze Anamnese,
aktuelle Laborwerte, Befunde der Bildgebung - an den Nuklearmediziner schicken. Dieser entscheidet
über die Therapie, klärt die Patienten auf und verabreicht die Injektionen ambulant. Die
anschließenden Kontrolluntersuchungen nach der Behandlung mit Radium-223 übernimmt wieder
der Urologe. Möglichst eine Woche vor der nächsten Injektion sollte ein erneutes Blutbild
erfolgen. "Die Zusammenarbeit ist nicht arbeitsintensiv und verläuft völlig reibungslos",
fasst Dr. Johannsen seine positiven Erfahrungen zusammen.
"Radium-223 ist eine echte Bereicherung der Therapieoptionen bei geeigneten CRPC- Patienten
mit hohem Nutzen und guter Verträglichkeit", versicherte der Vorsitzende der Veranstaltung,
Professor Dr. Johannes M. Wolff aus Düsseldorf, den zahlreichen Urologen vor Ort. Das Interesse
an dem Thema war beim DGU-Kongress so groß, dass die Vorträge auch außerhalb des Saals auf einem
Videobildschirm zu verfolgen waren.
* Im Kreuzverhör: Zeit für die Zeugenaussagen im Fall Xofigo®, 29. September 2016.
Quellen
[1] Goyal and Antonarakis, Cancer Letters 323, 2012
[2] Parker C, et al., N Eng J Med 2013; 369: 213-223
[3] Florimonte L, et al. Eur J Nucl Med Mol Imaging 2016 Sep;43(10):1896-1909
[4] S3-Leitlinie Prostatakarzinom, Langversion 3.1, 2. Aktualisierung, Oktober 2014, AWMF-Register-Nummer 043/022OL
[5] Saad F, et al., The Lancet Oncology 2016; 17(9): 1306-1316
[6] Sartor O, et al., Prostate 2016; 76(10): 9905-9916
Quelle: Bayer
Oktober 2016 |
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