Die Tumor-assoziierte Fatigue ist für mCRPC-Patienten ein häufiges und belastendes Symptom. Nach Angaben
der Erkrankten hat das Erschöpfungssyndrom einen sehr großen Einfluss auf ihr Wohlbefinden und ihren
Lebensalltag. Zu möglichen Ursachen gehören u.a. sowohl die Krebserkrankung als auch ihre Behandlung [1].
Vor diesem Hintergrund ist die Zwischenanalyse der nicht-interventionellen Studie IMPACT bemerkenswert,
die PD Dr. Henrik Suttmann (Hamburg) beim diesjährigen DGU-Kongress
vorgestellt hat [2]. In der prospektiven, multizentrischen Studie waren bei mCRPC-Patienten, die unter
Alltagsbedingungen mit Abirateronacetat (Zytiga®) plus Prednison/Prednisolon behandelt
wurden, nach drei Monaten die Fatigue-Werte insgesamt nicht sehr hoch. Dies galt für die
Fatigue-Intensität ebenso wie für die Fatigue-Interferenz (Einfluss auf den Alltag), die mit
Frage 3 (stärkste Fatigue der letzten 24 Stunden) bzw. Frage 4 (Durchschnittswerte aller
Fatigue-Interferenz-Items der letzten 24 Stunden) des etablierten Messinstruments
Brief-Fatigue-Inventory (BFI) erfasst und auf einer Skala von 0-10 (nicht vorhanden bis stark
ausgeprägt) zu Beginn sowie nach 3 Monaten beurteilt wurden. So lagen die Durchschnittwerte der
Fatigue-Intensität nach drei Monaten Abirateronacetat-Therapie bei 3,25 (n=85) und der
Fatigue-Interferenz bei 1,96 (n=87) [2].
Besserung der Fatigue
Bei Männern, die zu Beginn der Behandlung eine klinisch relevante Fatigue gehabt hatten
(Intensität bzw. Interferenz je ≥5 Punkte), stellte sich innerhalb der drei Monaten oft
sogar eine Verbesserung ein (je Minimal Important Difference): Bei 48,7% (n=37) der Patienten
mit einer klinisch relevanten Fatigue-Intensität bessertesich diese (Frage 3 des BFI: Abfall
des Wertes um mindestens 2 Punkte) und bei 54,6% der Patienten mit einer klinisch relevanten
Fatigue-Interferenz (n=11) kam es ebenfalls zu einer Besserung (Frage 4 des BFI: Abfall des
Wertes um mindestens 1,25 Punkte). Derartige Verbesserungen seien als klinisch relevant
einzustufen, erläuterte Suttmann. Wie sich weiter zeigte, gab es eine Korrelation zwischen
niedrigerem BFI-Gesamtscore und höherem FACT-P-Score (Functional Assessment of Cancer Therapy-Prostate),
der ein Maß für die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Prostatakarzinom-Patienten ist.
Mit anderen Worten: Je weniger Fatigue die Männer hatten, desto besser war ihre Lebensqualität [2].
„Das sind tolle Nachrichten für unsere mCRPC-Patienten. Denn wir wissen alle: die beste
Therapie für eine unheilbare Erkrankung bemisst sich nicht allein an der gewonnenen Lebenszeit,
sondern auch an der Lebensqualität. Das gilt umso mehr, wenn diese noch ein langes Leben vor
sich haben“, betonte Suttmann.
Gute Adhärenz
Wie der Prostatakarzinom-Experte fortführte, lieferte die zweiarmige IMPACT-Studie
zugleich Hinweise auf eine gute Adhärenz der Patienten unter der Therapie mit Abirateronacetat
plus Prednison/Prednisolon. Denn die Rate an Therapieabbrüchen aufgrund von Nichtadhärenz
(Therapieabbruch aus anderen Gründen als Krankheitsprogression oder Beginn einer neuen
systemischen Tumortherapie) war sowohl bei Patienten, die an einem speziellen Adhärenz-Programm
teilgenommen hatten (n=150), als auch bei Patienten ohne ein derartiges Programm (n=127)
gering. Sie lag in der Gruppe mit Adhärenz-Programm nach drei bzw. sechs Monaten bei 8,7
bzw. 12,7%, in der Gruppe ohne Adhärenz-Programm betrug sie 5,5% bzw. 7,9% [2].
Die Patienten in der Adhärenz-Programm-Gruppe sahen unter anderem ein edukatives Video,
wurden per Telefon oder SMS an die Tabletteneinnahme erinnert und führten ein Tagebuch
über die Medikamenteneinnahme [2]. „Die gute Adhärenz ist unerlässlich für den Behandlungserfolg.
Doch leider nimmt sie bei der oralen Krebstherapie oft kontinuierlich ab. Auf Abirateronacetat
scheint das nicht zuzutreffen. Die Patienten brachen die Therapie – unabhängig von speziellen
Maßnahmen zur Steigerung der Adhärenz – über einen Zeitraum von sechs Monaten nur sehr
selten ab“, hob Suttmann hervor.
Sequentieller Einsatz der Wirkstoffe
Da heute mehrere Wirkstoffe für die Therapie des mCRPC zur Verfügung stehen, werden diese
nach Angaben von Prof. Dr. Axel Merseburger (Lübeck) in der Regel sequentiell
eingesetzt, um ihre Wirksamkeit möglichst auszuschöpfen. Mit welchem Wirkstoff die
Therapie beginne und welche Wirkstoffe in weiteren Therapielinien zum Einsatz kämen,
seien individuelle Entscheidungen, ergänzte er.
In der Erstlinie des nicht oder mild symptomatischen mCRPC erfolgt nach Ausführungen von Merseburger heute oft eine antihormonelle Therapie der nächsten Generation mit Abirateronacetat plus Prednison/Prednisolon oder Enzalutamid, da diese verträglicher sei als die Chemotherapie mit Docetaxel. Die beiden antihormonellen Substanzen hatten in ihren jeweiligen Zulassungsstudien eine sehr gute Wirksamkeit gezeigt, direkte Vergleichsstudien fehlen [3,4].
Chemotherapie hinauszögern
Nach Versagen der antihormonellen Erstlinientherapie des mCRPC gibt es laut Merseburger
zwei unterschiedliche Ansätze. Zum einen könne der jeweils andere antihormonelle
Wirkstoff zum Einsatz kommen, um die Chemotherapie möglichst lange hinauszuzögern.
Ob es Unterschiede in der Wirksamkeit der Sequenz Abirateronacetat, gefolgt von
Enzalutamid, und der umgekehrten Sequenz gibt, wird derzeit erstmals prospektiv in
einer randomisierten Phase-II-Studie bei mCRPC-Patienten nach Versagen der
Kastration im Cross-over-Design untersucht [5].
Wechsel des Wirkmechanismus
Der zweite Ansatz besteht darin, den Wirkmechanismus zu wechseln und nach Versagen der antihormonellen Erstlinientherapie des mCRPC auf eine Chemotherapie mit Docetaxel umzustellen. Hintergrund sind laut Merseburger aktuelle Daten, nach denen unter Abirateronacetat und Enzalutamid mit der Zeit Splicevarianten des Androgenrezeptors, etwa AR-V7, entstehen können [6]. Diese sind konstitutiv aktiv und resistent gegenüber den antihormonellen Therapien. Docetaxel bleibt hingegen auch bei Vorliegen von AR-V7 bei vielen Patienten noch wirksam. Gemäß Merseburger könnte daher künftig womöglich ein Test auf AR-V7 Therapieentscheidungen beim mCRPC erleichtern. Entsprechende Assays sind bereits für Studien verfügbar, nicht jedoch für die Routineversorgung.
Quelle: Fachpressekonferenz „Praxis und Theorie: Erstlinientherapie des mCRPC*
mit Zytiga®“ anlässlich des 68. DGU-Kongresses 2016 am 29. September 2016 in Leipzig. Veranstalter: Janssen-Cilag GmbH Referenzen
[1] Colloca G, et al. Incidence and Correlates of Fatigue in Metastatic Castration-Resistant Prostate Cancer:
A Systematic Review. Clin Genitourin Cancer. 2016;14(1):5-11.
[2] Suttmann H, et al. Prospective, non-interventional study on the influence of adherence measures
on the therapy with abiraterone acetate (AA) + prednisone/prednisolone (P) in patients with metastatic,
castration resistant prostate carcinoma (mCrPC). 68. Kongress der Deutschen Gesellschaft für
Urologie, 28.09.-01.10.2016, Leipzig: Vortragssitzung V03
[3] Ryan CJ, et al. Abiraterone acetate plus prednisone versus placebo plus prednisone in
chemotherapy-naive men with metastatic castration-resistant prostate cancer (COU-AA-302): final
overall survival analysis of a randomised, double-blind, placebo-controlled phase 3 study. Lancet Oncol. 2015;16(2):152-160
[4] Beer TM, et al. Enzalutamide (ENZA) in men with chemotherapy-Naïve metastatic
castration-resistant prostate cancer (mCRPC): Final analysis of the phase 3 PREVAIL study. J Clin Oncol 33, 2015 (suppl; abstr 5036)
[5] https://clinicaltrials.gov (NCT02125357)
[6] Azoitei A, et al. J Steroid Biochem Mol Biol. 2016; in press
Oktober 2016 |
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