Priv.-Doz. Dr. Andreas Wiedemann, Chefarzt der Urologischen Klinik am Evangelischen
Krankenhaus Witten und Experte für die Deutsche Kontinenz Gesellschaft, appelliert
an die Gesundheitspolitiker: „Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels ist
es unbedingt notwendig, ausreichende Mittel für eine angemessene Behandlung der
Menschen, die dement und inkontinent sind, zur Verfügung zu stellen.“
Die Ursachen dieser beiden auf den ersten Blick ganz unterschiedlichen
Krankheitsbilder sind im Grunde dieselben: Zerebrale Läsionen, die die
Gedächtnisleistung beeinträchtigen, wirken auch auf die Steuerungsmechanismen
der Blasenentleerung ein. So ist es zwar möglich, dass zunächst nur eine von
beiden Erkrankungen auftritt. Doch bei fortschreitendem Verlust von Nervenzellen
im Gehirn treten unweigerlich Dauerbeschwerden aus beiden Bereichen auf.
Große Erfolge mit Toilettentraining
Werden die beiden Symptome isoliert behandelt, ist es bei medikamentösen
Therapien möglich, dass Interaktionen auftreten. So können Antidementiva
Harntraktbeschwerden fördern; ZNS-gängige Antimuskarinika die Kognition
beeinträchtigen. Werden die beiden Symptome isoliert behandelt, ist es bei
medikamentösen Therapien möglich, dass Interaktionen auftreten. So können
Antidementiva, die gegen die Demenz wirken sollen, Harntraktbeschwerden
fördern; ZNS-gängige Antimuskarinika, die den Harndrang regulieren, können
die Kognition beeinträchtigen. Doch dem kann durch eine gut koordinierte,
interdisziplinäre Behandlung vorgebeugt werden. Eine schwierige Aufgabe,
aber sie ist zu bewältigen. Besonders die routinierte Umsetzung der aktuellen
Leitlinie „Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten“ ist eine wichtige
Voraussetzung. „Es ist erstaunlich, wie groß der Erfolg eines Toilettentrainings
oder einer Verhaltensintervention sein kann. Auch das ist in der Leitlinie
genau nachzulesen. Doch in vielen Fällen wird der Aufwand gescheut“,
bedauert Priv.-Doz. Dr. Andreas Wiedemann.
Zertifizierte Kontinenz- und Beckenboden-Zentren bieten hohe Qualität
Garant für eine hohe Behandlungsqualität sind die von der Deutschen Kontinenz
Gesellschaft zertifizierten Kontinenz- und Beckenboden-Zentren und ärztlichen
Beratungsstellen. Hier sind Interdisziplinarität, große Behandlungserfahrung
und ein hoher Weiterbildungsstandard Voraussetzung für die Verleihung des
Zertifikats. Patienten und Angehörige finden hier Ansprechpartner, die es
gewohnt sind, die vielfältigen Ursachen von Inkontinenz fächerübergreifend
zu betrachten und zu behandeln. „Es ist verständlich, dass niedergelassene
Ärzte ihre Patienten gern an die kompetenten Kontinenz- und Beckenboden-Zentren
überweisen. Denn die abrechenbaren Fallpauschalen sind für eine kleine Praxis
in so aufwändigen Fällen ruinös. Doch damit ist das Problem nur verlagert. Es
ist an der Zeit, eine Lobby zu schaffen, die für diese Patienten eintritt und
vorausschauend Lösungen für diese zukünftige, gesellschaftliche Herausforderung
findet“, fordert Priv.-Doz. Dr. Andreas Wiedemann.
Wenn im Jahr 2040 nach Prognosen des statistischen Bundesamtes zwischen
25 und 30 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein wird, sollte das
Gesundheitssystem vorbereitet sein: In der Altersgruppe der 60- bis 79-Jährigen
leiden über 50 Prozent an Harntraktbeschwerden, wobei rund 30 bis 40 Prozent
eine Harninkontinenz beklagen. Ebenfalls für 2040 sagt die WHO voraus, dass
Demenz die zweithäufigste Todesursache sein wird.
Weitere Informationen:
• S1-Leitlinie „Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten“:
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/084-001.html
• Bundesweite Kontaktdaten der zertifizierten Beratungsstellen und Kontinenz- und Beckenboden-Zentren:
http://www.kontinenz-gesellschaft.de/Beratungsstellen-Zentren.6.0.html
• Allgemeine Informationen/ Patientenbroschüren:
http://www.kontinenz-gesellschaft.de
Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V. hat es sich als gemeinnützige, medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft seit 1987 zur Aufgabe gemacht, Inkontinenz aus der Tabuzone zu holen und den Weg frei zu machen für eine verbesserte Diagnose, Behandlung und Prävention von Harn- und Stuhlinkontinenz. Dafür steht bundesweit ein interdisziplinärer Expertenrat aller betroffenen Fachrichtungen zur Verfügung. Mit der Zertifizierung von ärztlichen Beratungsstellen sowie Kontinenz- und Beckenboden-Zentren und der Veranstaltung von Fortbildungen trägt die Deutsche Kontinenz Gesellschaft maßgeblich zur Qualitätssicherung in der Behandlung und Beratung von Menschen mit Inkontinenz bei.
Quelle:
Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.
April 2016 |
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