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FAZIT:
Beim RCC wird nach aktuellen Gesichts-punkten zwischen einer Reihe von Subtypen mit zum Teil unterschiedlicher molekular-biologischer Karzinogenese unterschieden: Klarzelliges Nierenzellkarzinom, Papilläres Nierenzellkarzinom, Chromophobes Nierenzellkarzinom und Ductus-Bellini-Karzinom. Die Mehrheit der Nierenkarzinome ist sporadisch. Andererseits verdoppelt sich das Risiko, an Nierenkrebs zu erkranken, sofern ein Verwandter ersten Grades betroffen ist. In der metastasierten Situation geht die prognostische Bedeutung der anatomischen und histologischen Merkmale des Primärtumors weitgehend verloren. Sie werden durch eine Reihe von Faktoren im Zusammenhang mit der Konstitution des Patienten und krankheitsbezogener Charakteristika ersetzt. Obwohl nach prädiktiven Biomarkern für das fortgeschrittene/metastasierte RCC seit längerer Zeit intensiv geforscht wird, werden Biomarkertrotz trotz beträchtlichen Datenmaterials mit Ansätzen zur Identifizierung individualisierter Behandlungs-optionen in der klinischen Praxis bislang nicht routinemäßig prädiktiv herangezogen.
Nierenzellkarzinom
Tumorbiologie, prognostische Modelle und prädiktive Faktoren


Das Verständnis der Tumorbiologie des Nierenzellkarzinoms (RCC) hat in den letzten beiden Jahrzehnten einen gewaltigen Sprung nach vorne getan. Im Zentrum dieser Entwicklung stehen die Aufklärung der Tumorangiogenese über die Signalkaskade des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF) und der Regulierung des Zellwachstums über den mammalian target of rapamycin (mTOR)-Reaktionsweg. Das führte zur Entwicklung zielgerichteter Medikamente, die spezifisch molekulare Mechanismen der Tumorgenese inhibieren. Mit diesen Therapien konnte in jüngster Vergangenheit eine signifikante Verlängerung der Überlebenszeit der Patienten mit metastasiertem RCC erreicht werden. Wesentlich ist zudem, dass die zielgerichteten Substanzen gegenüber den Zytokintherapien – insbesondere dem hoch dosierten IL-2 –, die zuvor im Fokus der Therapie des metastasierten RCC gestanden hatten, ein eher zu tolerierendes Toxizitätsprofil aufweisen.

Möglichst präzise prognostische Aussagen hinsichtlich des individuellen natürlichen Krankheitsverlaufs sind einerseits für die fundierte Beratung der RCC-Patienten und andererseits für die Auswahl der jeweils geeignetsten Therapie von großer Wichtigkeit. Hierfür stehen eine Reihe prognostischer Modelle zur Auswahl, deren Anwendbarkeit auf unterschiedliche Stadien der Krankheit wie insbesondere nicht metastasiert und metastasiert abgestimmt sind. In diesem Zusammenhang wird auch weiterhin intensiv nach prädiktiven Biomarkern geforscht, die bei der Frage ‘in welcher klinischen Situation welche zielgerichtete Therapie die am besten geeignete ist’, als Entscheidungshilfe dienen können (neuere Reviews [1-3].

Histologische Typen des Nierenzellkarzinoms

    Ehemals wurde Nierenkrebs als einheitliche maligne Krankheit betrachtet. Allerdings wird beim RCC nach aktuellen Gesichtspunkten zwischen einer Reihe von Subtypen mit zum Teil unterschiedlicher molekularbiologischer Karzinogenese unterschieden. Für die Risikobewertung eines RCC spielt auch der histologische Typ eine wichtige Rolle.

    Klarzelliges Nierenzellkarzinom
    Mit 75 bis 80% ist das klarzellige RCC der mit Abstand häufigste Nierenkrebs, der histogenetisch dem proximalen Tubulusepithel entstammt. Zumeist findet sich ein kompaktes Wachstumsmuster, doch es kommen auch tubulopapilläre oder zystische Formen vor. Infolge des enorm hohen Glykogengehalts weist das klarzellige RCC mikroskopisch ein optisch leer erscheinendes Zytoplasma auf (Abb. 1). Eosinophile Varianten lassen sich auf einen vermehrten Gehalt an Mitochondrien und endoplasmatischem Retikulum zurückführen.

    Bei bis zu ca. 80% der sporadischen klarzelligen RCC wurden Mutationen des von Hippel-Lindau-Tumorsuppressorproteins nachgewiesen. Solche Tumoren stehen mit einer „ungebremsten” Angiogenese im Zusammenhang.


    Papilläres Nierenzellkarzinom
    Papilläre Nierenzellkarzinome machen etwa 15% bis 20% der malignen Nierentumore aus. Histologisch wird insbesondere zwischen den Subtypen I und II unterschieden. Andererseits liegen öfters auch Mischformen vor, oder es lassen sich keine deutlichen Merkmale eines der beiden Subtypen erkennen. Beim Typ I entwickeln sich häufig bilateral multifokale, hypovaskularisierte Tumore mit relativ geringerer Metastasierungstendenz. Die kleinen, basophilen Zellen sind papillär oder tubulär angeordnet (Abb. 2). In den meisten Fällen handelt es sich um sporadisch auftretende Tumoren, die dennoch nicht selten Mutationen oder Amplifikationen des Proto-Onkogens MET aufweisen.

    Die papillären RCC vom Typ II sind allgemein schlechter differenziert als die vom Typ I. Demzufolge neigen sie auch eher zur Metastasierung. Histopathologisch finden sich auf tubopapillären Kernen größere Zellen mit eosinophilem Zytoplasma.

    Chromophobes Nierenzellkarzinom

    Das chromophobe Nierenzellkarzinom macht bis etwa 5% aller Nierenzellkarzinom-Fälle aus. Der Subtyp stammt von den Epithelzellen des distalen Tubulus ab. Bei weniger weit fortgeschrittenem Stadium zum Zeitpunkt der Resektion ist die Krankheit mit einer guten Langzeitprognose behaftet (Abb. 3).


    Ductus-Bellini-Karzinom
    Das Ductus-Bellini-Karzinom (Sammelrohrkarzinom) ist ein seltenes (~1%), äußerst aggressives Nierenkarzinom. Histologisch treten papilläre, tubuläre und mikrozystische Gewebsmuster auf. Das Stroma imponiert durch die ausgeprägte desmoplastische Reaktion (Abb. 4). Die histologischen Merkmale ähneln denen des Urothelkarzinoms. Ein gemeinsames Auftreten von Ductus-Bellini-Karzinom und Urothelkrebs der Blase wurde beobachtet. Zudem wird aufgrund des gemeinsamen embryologischen Ursprungs der Sammelrohre und des Urothels der ableitenden Harnwege ein Zusammenhang zwischen Sammelrohr- und Urothelkrebs diskutiert [4].

Familiäre Komponente des Nierenzellkarzinoms
    Die Mehrheit der Nierenkarzinome ist sporadisch. Andererseits verdoppelt sich das Risiko, an Nierenkrebs zu erkranken, sofern ein Verwandter ersten Grades betroffen ist. So stehen ungefähr 4% der Nierenkarzinome im Zusammenhang mit hereditären Krebssyndromen. Es gibt insbesondere vier beschriebene Typen des erblichen epithelialen Nierenkarzinoms: Von Hippel-Lindau (VHL), hereditärer papillärer Nierenkrebs, Birt-Hogg Dubé, und hereditäre Leiomyomatose/RCC [5].

    Von Hippel-Lindau-Syndrom
    Das von Hippel-Lindau-Syndrom ist neben dem hohen Risiko für verschiedene Krebsentitäten wie Hämangioblastome des ZNS, Retina-Angiome und Phäo­chromozytome auch mit dem für solide Tumoren wie dem klarzelligen Nierenzellkarzinom verbunden. Die Vererbung der Tumorsuppressor-Genmutation erfolgt autosomal dominant. Das VHL-Protein bewirkt im Ubiquitin-Proteasom-System die Erkennung des HIF-1α (Hypoxia-inducible factor 1α) durch eine Ubiquitin-Ligase, die die Degradation von HIF-1α katalysiert. Bei Inaktivierung des VHL-Gens kommt es zur Akkumulation von HIF-1α, Dieses dimerisiert mit HIF-1beta und transloziert in den Zellkern, wo es die Transkription von Genen hochreguliert, die die Angiogenese und das Tumorwachstum fördern (Abb. 5).


    Hereditäres papilläres Nieren­zellkarzinom
    Das hereditäre papilläre Nierenzellkarzinom (HPRCC) wird autosomal dominant mit unvollständiger Penetranz vererbt. Es beruht auf einer Keimlinienmutation des Proto-Onkogens MET und ist einheitlich vom papillären Typ I.

    Hereditäre Leiomyomatose/RCC
    Die papillären Nierenkarzinome vom Typ II sind sehr aggressiv und können bei bis zu 25% der Patienten mit hereditärer Leiomyomatose/RCC auftreten. Sie finden sich dann zumeist unilateral und sind solitär. Hereditäre Leiomyomatose/RCC ist ein durch Mutationen im Fumarat-Hydratase Gen (FH) verursachtes, erbliches Tumorsyndrom mit autosomal-dominanter Vererbung [6]. Charakteristischerweise treten bei dem Gendefekt Nierenkrebs und/oder Glattmuskel-Tumoren der Haut und des Uterus auf.

    Birt-Hogg-Dubé-Syndrom
    Das Birt-Hogg-Dubé-Syndrom ist eine erbliche Krankheit, bei der es neben vorwiegend kutanen Manifestationen selten auch zur Entstehung von Nierenkarzinomen kommen kann. Von 130 resektierten Nierentumoren bei 30 Patienten mit dem Birt-Hogg-Dubé-Syndrom fanden sich überwiegend chromophobe RCC, Onkozytome sowie Hybridtumoren (Onkozytom/chromophobes RCC) aber kaum Klarzell-RCC [7]. Patienten mit dem Birt-Hogg-Dubé-Syndrom weisen eine Mutation im Follikulin-Gen auf. Damit wird die Funktion des Follikulins, eines vermuteten Tumor-Suppressorproteins ausgeschaltet. Hybridtumoren Onkozytom/chromophobes RCC scheinen indolent zu sein, da bislang kein aggressives Verhalten dokumentiert worden ist [8].

    Risikoprofile für Patienten mit RCC vor und nach Nephrektomie
    Bei Patienten mit RCC kann sich das Krankheitsergebnis auch bei Tumoren mit ähnlicher Morphologie und gleichem Stadium deutlich unterscheiden. Daraus entsteht das Bedürfnis, mit prognostischen Profilen den natürlichen Krankheitsverlauf von RCC individuell einschätzen zu können.

    Das an der University of California in Los Angeles (UCLA) entwickelte Integrated Staging System (UISS) dient der Abschätzung der Überlebenserwartung nach erfolgter Nephrektomie bei Patienten mit RCC aller Stadien [9]. In das Modell sind das TNM-Stadium, der Fuhrman-Grad und der Eastern Cooperative Oncology Group Performance Status (ECOG-PS) eingeschlossen. Eine Validierung und Kalibrierung des Systems wurde auch in sechs europäischen Zentren vorgenommen: Deren Bewertung bestätigte eine gute Diskriminierungsgenauigkeit, verzeichnete aber auch eine systematische Unterbewertung des Gesamtüberlebens [10].

    An der Mayo Klinik (Rechester, Minn.) wurde ein prädiktives Modell für nephrektomierte Patienten mit klarzelligem RCC auf der Basis des TNM-Stadiums, der Tumorgröße, des Differenzierungsgrades und Nekrotisierung entwickelt: SSIGN Score [11]. Die verfügbaren klinischen und pathologischen Merkmale sind multivariat signifikant mit dem krebsspezifischen Überleben assoziiert. Zur Validierungen des SSIGN Score wurde in Europa eine unabhängige Auswahl an Patienten (n=388) mit klarzelligem RCC, die sich einer radikalen oder partiellen Nephrektomie unterzogen hatten, retrospektiv herangezogen. Dem einfachen Algorithmus wurde ein hoher Grad an prognostischer Genauigkeit attestiert [12]. Das bestätigte sich im Wesentlichen bei einer Validierung anhand routinemäßiger Pathologieberichte [13].

    In einer genomischen Untersuchung wurde archiviertes, Paraffin-eingebettetes Gewebematerial von 931 nephrektomierten Patienten mit klarzelligem RCC (Stadium I-III) daraufhin untersucht, ob die Genexpression im Tumor postoperativ die Prognose beeinflusst. Anhand eines multivariaten Modells wurden 16 Gene identifiziert, die hoch signifikant mit dem rezidivfreien Intervall im Zusammenhang stehen. Hierunter waren Gene, die in die Angiogenese, das Immunansprechen, die Zelladhäsion und die Steuerung des Zellzyklus involviert sind [14].

    Bei 1.707 Patienten mit lokalisiertem, unilateralem, sporadischem, klarzelligem RCC wurde ermittelt, inwieweit präoperative Laborparameter unabhängig mit krebsspezifischem Tod nach radikaler Nephrektomie im Zusammenhang stehen. Anormale präoperative Werte einschließlich Hyperkalzämie, Anämie und Erythrozytensedimentationsrate wiesen nach multivariater Korrektur unabhängig auf das erhöhte Risiko hin, am Nierenkrebs zu versterben [15].

    Prognose-Modelle für das fortgeschrittene/metastasierte RCC
    In der metastasierten Situation geht die prognostische Bedeutung der anatomischen und histologischen Merkmale des Primärtumors weitgehend verloren. Sie werden durch eine Reihe von Faktoren im Zusammenhang mit der Konstitution des Patienten und krankheitsbezogener Charakteristika ersetzt (Tabelle). Eines der am häufigsten angewendeten prognostischen Modelle ist das Memorial Sloan-Kettering Cancer Center (MSKCC)-System, das auch als Motzer-Score bezeichnet wird. Die erste Version hiervon stammt bereits aus dem Jahr 1999: LDH >1,5 des oberen Normwerts, Karnofsky Index <80, Hämoglobin unterhalb des unteren, geschlechtsspezifischen Normwerts, Calcium (korrigierter Wert) >10 mg/dl und keine primäre Nephrektomie [16]. Da sich herausstellte, dass bei Patienten mit lokalisiertem Tumor die Dauer des Überlebens mit einem verlängertem krankheitsfreiem Intervall nach Nephrektomie vor dem Erleiden des Rezidivs in Verbindung stehen, wurde davon ausgegangen, dass diese Therapieoption generell wahrgenommen würde. Daher wurde nicht erfolgte Nephrektomie durch das Kriterium ersetzt: Zeitspanne von der Erstdiagnose bis zum Beginn der systemischen Therapie <1 Jahr [17]. In den Prognose-Modellen wird zwischen drei Risikokategorien unterschieden: Patienten mit keinem Risikofaktor haben eine gute Prognose d.h. ein geringes Risiko. Jene mit ein oder zwei Risikofaktoren haben ein intermediäres Risiko, und drei oder mehr Risikofaktoren sind mit einer schlechten Prognose, d. h. mit hohem Risiko behaftet.

    In einer Erweiterung des Motzer-Score nach externer Validierung – den so genannten Mekhail-Kriterien – werden die MSKCC-Risikofaktoren nach multivariater Analyse bis auf den Karnofsky Performance Score beibehalten und durch zwei weitere prognostische Risikofaktoren ergänzt: Zahl der Metastaseorte 2 und vorausgegangene Strahlentherapie (Tabelle) [18].

    Die Etablierung der Motzer-Kriterien und ihre Erweiterung durch Mekhail erfolgte in der Ära der Zytokintherapien beim RCC. Allerdings dienten sie auch danach zur Auswahl der Patienten für die wesentlichen Phase-III-Studien zur Prüfung der targeted Therapien.

    In das klinisch prognostische Modell des International Metastatic RCC Database Consortium gingen vier der fünf negativen prognostischen Faktoren des MSKCC-Modells ein, die zugleich als unabhängige Prädiktoren einer verkürzten Überlebensdauer gelten: (1) Hämoglobinkonzentration unterhalb des Normwertes, (2) korrigierte Kalziumkonzentration oberhalb des Normbereichs, (3) Karnofsky Performance Score unter 80 und (4) Zeitspanne von der Nierenkrebsdiagnose bis zum Beginn der systemischen Therapie bei fortgeschrittener Krankheit unterhalb eines Jahres. Zusätzlich werden in dem Modell die Zahl der neutrophilen Granulozyten und die Thrombozytenzahl unterhalb des Normbereichs als unabhängige negative prognostische Faktoren berücksichtigt (Tabelle) [19].

    Prädiktive Biomarker des fortgeschrittenen RCC
    Nach prädiktiven Biomarkern für das fortgeschrittene/metastasierte RCC wird seit längerer Zeit intensiv geforscht. Doch trotz beträchtlichen Datenmaterials mit Ansätzen zur Identifizierung individualisierter Behandlungsoptionen, werden Biomarker in der klinischen Praxis bislang nicht routinemäßig prädiktiv herangezogen.

    Von Hippel-Lindau-Gen
    Die Inaktivierung des VHL-Gens ist ein entscheidender Faktor der klarzelligen RCC-Pathogenese, so dass die Art der Inaktivierung mit dem Ansprechen auf antiangiogene Therapien im Zusammenhang stehen könnte. In einer diesbezüglichen Untersuchung mit 123 Patienten betrug die Ansprechrate bei VHL-Inaktivierung 41% gegenüber 31% bei Vorliegen des VHL-Wildtyps (p=0,34). Bei Patienten mit Funktionsverlustmutationen (Frameshift-Mutationen, Nonsense-Mutationen, Spleiß- und In-frame-Deletionen/Insertionen) lag die Ansprechrate signifikant höher als mit VHL-Wildtyp (52% vs. 31%; p=0,04). Die multivariate Analyse bestätigte VHL-Funktionsverlustmutationen als unabhängigen prognostischen Faktor für verbessertes Therapieansprechen. Der VHL-Status hatte indes keinen Einfluss auf das progressionsfreie und das Gesamtüberleben [20].

    Phosphatase and Tensin Homolog (PTEN) PTEN ist ein Tumorsuppressorprotein, durch das proliferierende Effekte des Phosphoinositid-3-Kinase (PI3K)/Akt-Reaktionswegs inhibiert werden. In der Pathogenese des RCC wurde der Verlust des PTEN-Gens nachgewiesen. Er steht im Zusammenhang mit einer ungünstigen Prognose. Bei solchen Tumoren wurde im Tierversuch eine erhöhte Sensitivität gegenüber einer pharmakologischen mTOR-Blockade ermittelt [21].

    In einer immunhistochemischen Analyse der PTEN-Expression in Gewebeproben verschiedener RCC-Subtypen wurde im Tumorgewebe ein geringerer PTEN-Gehalt ermittelt als im normalen Nierengewebe. Diese Erniedrigung war in Tumoren mit niedriger T-Klassifikation (T1/2) und bei lokalisierter Krankheit signifikant am geringsten ausgeprägt. Zudem wurde ermittelt dass die PTEN-Expression in klarzelligen RCC am niedrigsten ist. Das kann als Indiz gewertet werden, dass der mTOR-Reaktionsweg in die Pathogenese dieses RCC-Subtyps insbesondere deutlich involviert ist. Die vermehrte Expression des Proteins PTEN stand im Zusammenhang mit verlängertem Gesamtüberleben. Es wird geschlossen, dass Patienten mit metastasiertem klarzelligem RCC und sehr niedriger PTEN-Expression wahrscheinlich von der Therapie mit einem mTOR-Inhibitor profitieren können [22].

    Vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor
    Bei 50 Patienten mit RCC wurde gezeigt, dass sowohl die zytoplasmatische VEGF-Expression als auch der Plasma-VEGF-Spiegel signifikante Korrelationen mit dem Fuhrman-Grad und dem Tumorstadium aufweisen. Zudem waren die VEGF-Expression, der Plasma-VEGF-Spiegel und die Thrombozytenzahl bei RCC mit Tumornekrose deutlich höher als bei RCC ohne Tumornekrose [23]. Das spiegelt sich unter anderem darin wider, dass höhere Spiegel an VEGF im peripheren Blut und in der Nierenvene 30 Monate nach Nephrektomie bei RCC-Patienten mit einer schlechten Prognose in Verbindung gebracht wurden [24].

    Bei Patienten mit Bevacizumab-refraktärem, metastasiertem RCC wurde eine beträchtliche antitumoröse Aktivität von Sunitinib festgestellt. Das unterstützt die Hypothese, wonach der Tyrosinkinase-Inhibitor Reaktionswege inhibiert, die in die Bevacizumab-Resistenz involviert sind. Die Baseline-Spiegel des VEGF-C und des löslichen VEGF-Rezeptors-3 könnten in diesem Zusammenhang als Biomarker der klinischen Effektivität dienen [25].

    Carbonanhydrase 9 (CAIX)
    Das transmembrane Protein CAIX wird im normalen Nierengewebe nur in geringem Ausmaß exprimiert. Hingegen ist das Enzym in Klarzell-RCC mit VHL-Mutation deutlich überexprimiert. Erniedrigte Spiegel an CAIX stehen bei fortgeschrittenem RCC unabhängig im Zusammenhang mit schlechten Überlebensaussichten [26].

    Das klinische Ansprechen des RCC auf eine IL-2-Therapie wurde mit der CAIX-Expression in Zusammenhang gebracht. Eine solche Abhängigkeit sollte sich auch hinsichtlich des Krankheitsergebnisses bemerkbar machen. Diesbezügliche wurde eine Überprüfung an pathologischen Gewebeproben von RCC-Patienten, die zuvor eine IL-2-Therapie erhalten hatten, vorgenommen. Dabei ließ sich eine längere Überlebensdauer bzw. ein mehr als fünfjähriges Überleben nur bei Patienten mit hoher CAIX-Expression feststellen [27].

    Daraufhin wurde geprüft, inwieweit die CAIX-Expression auch bei Patienten, die mit einer gegen den VEGF-Signalweg gerichteten Therapie behandelt werden, prognostisch und prädiktiv anwendbar ist. In der Studie mit 118 Patienten bestand je nach CAIX-Status ein heterogenes Tumoransprechen auf Sunitinib und Sorafenib. Die Höhe der CAIX-Expression hatte bei den mit VEGF-Target-Therapie behandelten Patienten zwar keine prognostische Bedeutung, doch es schien sich eine prädiktive Rolle für das Ansprechen auf Sorafenib abzuzeichnen. Zudem hatten Patienten mit vermehrter klarzelliger Komponente von der VEGF-Target-Therapie den größten Benefit [28]. Bei einer Überprüfung des prädiktiven Werts von CAIX bei Patienten, die Sorafenib erhielten, anhand der Behandlungsergebnisse aus der Treatment Approaches in Renal Cancer Global Evaluation Trial (TARGET)-Studie, war die CAIX-Expression weder ein Prädiktor für den klinischen Benefit der Sorafenib-Therapie, noch hatte sie prognostischen Wert für Patienten mit metastasiertem RCC nach der Behandlung mit Zytokinen [29].

    Hypoxie-induzierbarer Faktor-alpha
    Die Expression von HIF-1alpha kann bei Patienten mit klarzelligem RCC als unabhängiger prognostischer Faktor herangezogen werden. Bei Immunfärbungen des HIF-1alpha, die mehr als 35% des Präparats umfassten, war die Überlebensdauer der Patienten kürzer als bei geringerer Immunfärbung [30].

    In archivierten Nephrektomie-Gewebeproben von Patienten mit metastasiertem klarzelligem RCC wurde der Expressionsspiegel von HIF-1α und HIF-2α mittel Immunoblot-Analyse bestimmt. Beide HIF-α waren deutlich mit der Sensitivität gegenüber Sunitinib assoziiert, d.h. Patienten mit einem hohen Spiegel an HIF-1α oder HIF-2α hatten eine gute Chance positiv auf die Behandlung mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor anzusprechen. Bei 76% der Patienten mit hoher Expression des HIF-2α im Tumor (13 von 17) gegenüber nur 13% (2 von 15) mit niedrigem HIF-2alpha wurde ein objektives Ansprechen auf Sunitinib beobachtet [31].

    Ki-67
    Die immunhistochemische Färbung des Proliferationsmarkers Ki-67 ist eine verbreitet genutzte pathologische Routinediagnostik. Beim klarzelligen RCC gilt der immunhistochemische Nachweis von Ki-67 als prognostischer Indikator biologischer Aggressivität. In einer Studie an klarzelligen RCC unterschiedlicher Stadien mit unterschiedlichen Differenzierungsgraden waren der Ki-67-Index und Metastasen signifikante unabhängige Prognosefaktoren [32].

    Prof. Dr. Dr. J.F. Schindler, Mülheim



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