Jahr für Jahr erkranken mehr als 17 000 Menschen in Deutschland an einem Nierenzellkarzinom – Tendenz weiter steigend. In 60% der Fälle sind Männer und in 40% Frauen betroffen. Bei nahezu 90% der Patienten tritt der Tumor sporadisch, also ohne familiäre Vorgeschichte auf. Eine bei Diagnosestellung vorliegende synchrone Metastasierung ist bei etwa 10–20% der Fälle vorhanden (genau Daten sind für Deutschland allerdings nicht verfügbar). Primär nicht metastasierte Patienten tragen nach operativer Therapie und in Abhängigkeit vom T-Stadium ein bis zu 50%iges Risiko einer späteren (metachronen) Metastasierung.
Insgesamt ist die Prognose des metastasierten Nierenzellkarzinoms gemessen am mittleren Überleben besser als beim metastasierten
Prostatakarzinom, jedoch schlechter als beim metastasierten Harnblasenkarzinom. So überleben nur etwas 10% der Patienten
mit einem metastasierten Nierenzellkarzinom länger als fünf Jahre.
Status quo
Derzeit wird die Entscheidung für eine bestimmte Therapie vor allem nach den Parametern Motzer-
In einer Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Immun- und Targeted Therapie zu den relevanten
Parametern bei der Therapieplanung von Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom zeigten
sich nur geringe Unterschiede zwischen Urologen und Onkologen sowie Praxis- bzw. Kliniktherapeuten.
Am wichtigsten wurden die Parameter Effektivität, akzeptable Toxizität und Zulassungsstatus erachtet.
Hinsichtlich der Effektivität sind als Hauptkriterien das progressionsfreie Überleben und das
Gesamtüberleben zu nennen. Insbesondere für das progressionsfreie Überleben liegen für alle
„neuen“ Medikamente (Sunitinib, Sorafenib, Pazopanib, Axitinib, Bevacizumab, Temsirolimus und
Everolimus) positive Daten vor. Beim Gesamtüberleben wurde ein statistisch signifikanter Vorteil
nur für Temsirolimus (und das bei Patienten mit schlechter Prognose) gezeigt. Hinsichtlich der
Toxizität unterscheiden sich diese Medikamente erheblich. Für den Parameter Zulassungsstatus
ergeben sich wiederum neue „Entscheidungshilfen“. So sind beispielsweise Bevacizumab und
Temsirolimus alleinig für die Erstlinientherapie zugelassen.
Bevacizumab plus
Bevacizumab plus
Bevacizumab plus
Bevacizumab plus
Randomisierte Studien zur Kombinationstherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms
Studie
Patienten
(n)
PFS (Monate)
OS (Monate)
ORR (%)
Stable disease (%)
Therapiedauer
AVOREN-Studie
(2-armig)
IFN-α versus
Plazebo plus IFN-α
327 vs. 322
10,4 vs. 5,5
22,9 vs. 20,6
31 vs. 12
46 vs. 50
9,7 vs. 5,1 Monate
für Bevacizumab bzw.
Plazebo und 7,8 vs. 4,6 Monate
für Interferon-α
TORAVA-Studie
(3-armig)
Temsirolimus versus
Sunitinib versus
Bevacizumab plus
IFN-α
88 vs. 42 vs. 41
8,2 vs. 8,2 vs. 16,8
Nach 35 Wochen:
37% vs. 55% vs. 62%
27 vs. 29 vs. 43
52 vs. 48 vs. 33
20,5 vs. 41,6 vs. 28,9 Wochen
INTORACT-Studie
(2-armig)
Temsirolimus versus
Bevacizumab plus IFN-α
400 vs. 391
9,1 vs. 9,3
25,8 vs. 25,5
k.A.
k.A.
k.A.
RECORD-2-Studie
(2-armig)
Everolimus versus
Bevacizumab plus
IFN-α
25,8 vs. 25,5
9,3 vs. 10
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
PFS: Progression-free Survival (progressionsfreies Überleben)
OS: Overall Survival (Gesamtüberleben)
ORR: Objective Response Rate (Objektive Ansprechrate = komplette Remission (CR) plus partielle Remission (PR))
k.A. keine Angaben
Die Ergebnisse der Studie wurden erstmals auf dem ESMO-Kongress 2012 vorgestellt. Es ergaben
sich keine Unterschiede für die Parameter PFS und Gesamtüberleben (Tabelle). Hinsichtlich der
Toxizität traten folgende Grad 3 oder 4 Ereignisse in der Kombinationsgruppe Bevacizumab plus
Temsirolimus signifikant häufiger auf als in der Kombinationsgruppe Bevacizumab plus Interferon:
Mukositis, Stomatitis, Hypophosphatämie, Hyperglykämie und Hypercholesterinämie (p <0,001).
Eine Neutropenie Grad 3 oder 4 trat demgegenüber in der Kombinationsgruppe Bevacizumab plus
Interferon-alpha häufiger auf (p <0,001). Die Ergebnisse der Studie sind noch nicht als
Vollpublikation erhältlich.
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