Metastasiertes kastrationsresistentes Prostatakarzinom
Neue Therapieoption mit Talazoparib in Kombination mit Enzalutamid
Mit der EU-Zulassung des oralen PARP-Inhibitors Talazoparib (Talzenna®) in Kombination mit
Enzalutamid eröffne sich eine weitere Behandlungsmöglichkeit für
erwachsene Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom
(mCRPC), bei denen eine Chemotherapie klinisch nicht indiziert ist.
Die Zulassung gilt für
Patienten mit oder ohne Genmutationen im DNA-Reparatursystem [1]. Basis waren die
Ergebnisse der randomisierten Phase-3-Studie TALAPRO-2, die gegenüber einer
Enzalutamid-Monotherapie eine signifikante Verbesserung bezüglich des
radiologischen progressionsfreien Überlebens sowie eine Verbesserung des
objektiven Ansprechens zeigten [1, 2].
Im Rahmen einer virtuellen Fachpressekonferenz berichteten Prof. Dr. Axel Merseburger (Lübeck) und Dr. Stefanie Zschäbitz
(Heidelberg) die Ergebnisse aus der Zulassungsstudie [1, 2], erklärten den synergistischen Wirkansatz von Talazoparib
plus Enzalutamid [3] sowie das flexible Therapiemanagement und betonten die Notwendigkeit neuer
Therapieoptionen beim mCRPC. Neben der bereits verfügbaren Dosisstärke 0,25 mg wird Talazoparib ab Mitte
Februar auch in der Dosisstärke 0,1 mg verfügbar sein.
Signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens
Relevant für die Zulassung der Kombination Talazoparib plus Enzalutamid waren die
Ergebnisse der multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten
Phase-3-Studie TALAPRO-2. Die Studie umfasste eine Patientenpopulation mit
zwei Kohorten: Kohorte 1, in die alle Patienten unabhängig von ihrem HRR-Mutationsstatus
(n=805) eingeschlossen waren, und Kohorte 2, in der Patienten ausschließlich mit HRR-Mutationen
(HRRm; n=399) aufgenommen wurden, berichtete Dr. Zschäbitz. Die Patienten wurden 1:1 randomisiert
und erhielten täglich 0,5 mg Talazoparib oder Placebo, jeweils in Kombination mit 160 mg
Enzalutamid [1, 2].
Primärer Endpunkt der Studie war das radiologische progressionsfreie Überleben (rPFS). Die
abschließende Analyse von Kohorte 1 ergab diesbezüglich eine statistisch signifikante und
klinisch bedeutsame Verringerung des Risikos für eine Progression oder Tod um 37% im
Behandlungsarm mit Talazoparib plus Enzalutamid versus Placebo plus Enzalutamid
(Hazard Ratio [HR] 0,63; 95% Konfidenzintervall [KI]; 0,51-0,78; p< 0,0001). Das mediane
rPFS betrug im Arm mit Enzatulamid-Monotherapie 21,9 Monate, wurde jedoch im
Kombinationsarm zum Zeitpunkt der Analyse nicht erreicht. Die Verringerung des rPFS
zeigte sich unabhängig vom HRR-Status. Bei Patienten ohne nachweisbare HRR-Mutation
lag die Risikoreduktion bei 34% (Post-hoc-Analyse, nicht stratifiziert: HR 0,66; 95% KI 0,49-
0,91; p=0,009) [1, 2].
Beim wichtigsten sekundären Endpunkt, dem Gesamtüberleben (OS), wurde ein Trend
zugunsten von Talazoparib plus Enzatulamid beobachtet; finale Daten stehen noch aus.
Auch hinsichtlich der Ansprechraten ergab sich ein deutlicher Vorteil für die Kombination.
So betrug in Kohorte 1 die objektive Ansprechrate (ORR) 62% (n=120) versus 44%
(n=132; p=0,005). Die Rate kompletter Remissionen (CR) war unter Talazoparib plus
Enzalutamid etwa doppelt so hoch wie unter der Enzalutamid-Monotherapie (38% vs. 18%).
Der Nutzen der Kombinationstherapie erwies sich unabhängig vom HRR-Genmutationsstatus
als konsistent [1, 2].
Keine neuen Sicherheitssignale
Das Sicherheitsprofil von Talazoparib plus Enzatulamid entsprach
dem bekannten Sicherheitsprofil der beiden Wirkstoffe. Es wurden keine neuen
Sicherheitssignale beobachtet. Häufigstes unerwünschtes Ereignis vom Schweregrad 3 oder
4 war eine Anämie; allerdings wies nahezu die Hälfte der Patienten bereits zu
Therapiebeginn eine Anämie vom Grad 1 oder 2 auf [1, 2]. Hämatologische Therapie-bedingte
Ereignisse vom Grad 3–4 traten im Allgemeinen in den ersten 6 Monaten der Behandlung
häufig auf und waren innerhalb weniger Wochen rückläufig. „Therapiebedingte unerwünschte
Ereignisse ließen sich in der Regel mittels engmaschiger Beobachtung der Patienten,
Dosisreduktionen, Therapieunterbrechungen und/oder supportiver Maßnahmen allgemein
gut beherrschen“ [6], kommentierte die Referentin. „Die Ergebnisse der primären
Analyse der TALAPRO-2-Studie unterstützen den Einsatz von Talazoparib plus Enzalutamid
als Erstlinientherapie bei Patienten mit mCRPC.”
Flexibles Therapiemanagement
Durch zwei unterschiedliche Dosisstärken von Talazoparib (Kapseln mit 0,1 mg und
0,25 mg) ist beim Auftreten von Nebenwirkungen eine flexible Dosisanpassung
möglich. Beide Wirkstoffe werden gemeinsam einmal täglich oral eingenommen, unabhängig
von den Mahlzeiten. Eine Gabe von Steroiden ist nicht notwendig [1].
Synergistische Anti-Tumor-Wirkung durch Kombination
Der Androgenrezeptor (AR)-Signalweg-Inhibitor Enzalutamid gehört zur Standardtherapie des mCRPC [7].
Talazoparib ist ein potenter oraler PARP-Inhibitor, der bereits seit 2019 zur
Behandlung des Mammakarzinoms zugelassen ist [1]. Es ist der erste PARP-Inhibitor,
der in Kombination mit Enzalutamid zur Therapie des mCRPC in der EU
zugelassen ist. Präklinische Daten wiesen auf eine erhöhte Effektivität bei gleichzeitiger
Hemmung von AR und PARP hin [8]. Durch die Kombination der beiden Wirkstoffe
wird die wechselseitige Sensitivität gegenüber dem Kombinationspartner erhöht und eine synergistische, potenziell
verstärkte Anti-Tumor-Wirkung erzielt [3]. Dies
konnte letztlich auch in den klinischen Studien bestätigt werden [1, 2].
Quelle: Virtuelle Fachpressekonferenz „Neues zur
Behandlungssituation von Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem
Prostatakarzinom (mCRPC)“ am 6. Feburar 2024. Veranstalter: Pfizer Pharma GmbH
Referenzen:
[1] Fachinformation Talzenna®, aktueller Stand.
[3] Agarwal N et al. Lancet 2023; 402 (10398): 291-303.
[3] Agarwal N et al. Eur J Cancer 2023; 192; 113249.
[4] Robert Koch-Institut, Krebs in Deutschland, 14. Ausgabe für 2019/2020. Online verfügbar unter:
https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/krebs_in_deutschl
and_node.html. Letzter Zugriff im Januar 2024.
[5] Kirby M et al. Int J Clin Pract 2011; 11: 1180-1192.
6] Azad A et al. ASCO 2023, J Clin Oncol 2023; 41 (Suppl 16; Abstract 5053).
[7] Fachinformation Xtandi®, aktueller Stand.
[8] Asim M et al. Nature Comm 2017; 8(1): 374.
[9] Globale Krebsbeobachtungsstelle der Weltgesundheitsorganisation. 27-Prostata-Faktenblatt.pdf
[10] Shore N et al. J Urol 2021; 205 (4): 977-986.