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Das Janusgesicht von Autophygozytose in der Therapie von Prostatakrebs

Autophagozytose (Autophagie) ist ein im Zytoplasma ablaufender Prozess, bei dem fehlerbehaftete Bestandteile des Zytosols abgebaut werden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Funktionen, die mit zellulärer Homöostase, Qualitätskontrolle, Fehlerbeseitigung, Wiederverwertung und letztlich der Überlebensfähigkeit von Zellen verbunden sind. Andererseits besteht ein zwiespältiger Zusammenhang zwischen Autophagie und Apoptose. Bestimmte funktionelle Veränderungen im Autophagie-Kompartiment stehen mit Karzinogenese und Resistenz gegenüber Chemotherapien in Verbindung (Kroemer & Jäättelä, 2005). Dem proaptotischen Effekt bei Permeabilisierung der äußeren Mitochondrienmembran (MOMP; mitochondrial outer membrane permeabilization) der über die Freisetzung von Cytochrom c zum mitochondrialen Zelltod führt, wirkt die Autophagie der beschädigten Mitochondrien (Mitophagie) entgegen (Garrido et al., 2006). Andererseits können letale Signale, die unter Umständen von Autophagie-Vakuolen ausgehen, als ein Effektormechanismus für Zelltod fungieren (Kroemer & Jäättelä, 2005).

Tötung oder Überlebenssicherung von Prostatakrebs-Zellen

Als mögliche zytoprotektive Reaktion auf therapiebedingten Stress kann Autophagie der Effektivität von Krebsbehandlungen entgegenwirken (Melea et al. 2020; Ashrafizadeh et al. 2022). Insgesamt existiert allerdings eine kontroverse Diskussion darüber, ob Autophagie unter den Stressbedingungen einer Chemo- oder Strahlentherapie zur Tötung von Krebszellen führt, oder ihnen hilft, das Überleben zu sichern. Untersucht wurden solche Effekte bislang insbesondere an kastrationsresistenten Prostatakrebs (CRPC)-Zelllinien.

Resistenz gegenüber Androgenrezeptor-Signalinhibitoren

CRPC-Zellen können sich unter einer Androgendeprivationstherapie durch Autophagie eine Art Resistenz gegenüber Androgenrezeptor-Signalinhibitoren aneignen. In einer präklinischen Pilotstudie ließ sich das Wachstum orthotoper Maus-Xenograft-Tumore in vivo durch Kombination von Enzalutamid und einem Autophagie-Inhibitor (Clomipramin oder Chloroquin) signifikant reduzieren (Nguyen et al., 2014). Durch Inhibition von Autophagozytose ließ sich in Untersuchungen mit LNCaP-Prostatakrebszellen auch der Antitumor-Effekt von Abi­rateronacetat und Apalutamid signifikant verstärken (Mortezavi et al., 2019; Eberli et al., 2020).

Rolle von Autophagie bei der Chemoresistenz

Ein weiteres hauptsächliches Problem der Krebstherapie ist die Chemoresistenz, bei der auch Autophagie eine Rolle spielen kann. Bei Untersuchungen der Wirkungen zweier Autophagie-Aktivatoren (das Disaccharid Trehalose und der mTOR-Inhibitor Rapamycin) auf das Docetaxel-Ansprechen an den klassischen PCa-Zelllinien (LNCaP, PC3 und DU145) zeigten sich zwei deutlich unterschiedliche die Docetaxel-Sensitivität betreffende Reaktionsweisen. Effekte wie die Trehalose-induzierte Mitophagie sind eine entscheidende zelluläre Überlebensreaktion und Grundlage der Chemotherapie-Resistenz. Im Gegensatz dazu wird durch den Rapamycin-vermittelte Aktivierung von Autophagie ein Auslöser des Zelltods herbeigeführt und die Effektivität der Chemotherapie erhöht (Cristofani et al., 2018).

Wirkweise von Autophagie bei Prostatakrebs

Bei Untersuchungen der Wirkweise von Autophagie bei Prostatakrebs standen insbesondere Funktionen im Mittelpunkt des Interesses die einerseits Überlebensimpulse oder andererseits Todessignale vermitteln (Hashemi et al., 2023). In einem Experiment lag der Schwerpunkt auf der Tumorsuppressorfunktion der Autophagozytose. Dabei zeigte es sich, dass die Inaktivierung von Autophagozytose zur Stabilisierung von TWIST1, einem an der epithelial-mesemchymalen Transition (EMT) beteiligtem Faktor führt, und damit an der Invasivität von Prostatakrebs beteiligt ist (Shi et al., 2022). Ein weiteren Experiment enthüllt, dass die Induktion der überlebensfördernde Autophagozytose durch das die zirkuläre die Zellmigration induzierende Protein (circCEMIP bei Prostatakrebs zur Anoikis-Resistenz führen kann (Yu et al., 2022).


Ashrafizadeh M, Paskeh MDA, Mirzaei S, et al. 2022. Targeting autophagy in prostate cancer: preclinical and clinical evidence for therapeutic response. J Exp Clin Cancer Res 41:105.
Cristofani R, Marelli MM, Cicardi ME, et al., 2018. Dual role of autophagy on docetaxel-sensitivity in prostate cancer cells. Cell Death Dis 9: 889.
Eberli D, Kranzbühler B, Mortezavi A, et al. 2020. Apalutamide in combination with autophagy inhibitors improves treatment effects in prostate cancer ccells. Urol. Oncol Sem Orig Investig 38:683.e19–683.e26.
Garrido C, Galluzzi L, Brunet M, et al. 2006. Mechanisms of cytochrome c release from mitochondria. Cell Death Diff 13:1423–1433.
Hashemi M, Zandieh MA, Talebi Y, et al. 2023. Paclitaxel and docetaxel resistance in prostate cancer: Molecular mechanisms and possible therapeutic strategies. Biomed Pharmacother 160, 114392.
Kroemer G, Jäättelä M, 2005. Lysosomes and autophagy in cell death control. Nat Rev Cancer 5:886–897.
Melea L, Vecchioa V, Liccardoa D, et al. 2020. The role of autophagy in resistance to targeted therapies. Cancer Treat Rev 88:102043.
Mortezavi A, Salemi S, Kranzbühler B, et al. 2019. Inhibition of autophagy significantly increases the antitumor effect of abiraterone in prostate cancer. World J Urol 37:351–358.
Nguyen HG, Yang JC, Kung H-J, et al. 2014. Targeting autophagy overcomes Enza­lutamide resistance in castration-resistant prostate cancer cells and improves therapeutic response in a xenograft model. Oncogene 33:4521–4530.
Shi XY, Sun ZW, Jia DL, et al. 2022. Autophagy deficiency promotes lung metastasis of prostate cancer via stabilization of TWIST1 Clin Transl Oncol 24:1403–1412.
Yu Y, Song Y, Cheng L, et al. 2022. CircCEMIP promotes anoikis-resistance by enhancing protective autophagy in prostate cancer cells. J Exp Clin Cancer Res 41:188. April 2024 jfs

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