Metastasierte Keimzelltumoren (mGCT):

Große retroperitoneale Lymphadenopathie und Risiko für venösen Thromboembolismus bei Patienten mit mGCT unter einer Erstlinien-Chemotherapie


  Keimzelltumoren (GCTs; Germ Cell Tumors) sind aufgrund ihres außergewöhnlich guten Ansprechens auf eine Cisplatin-basierte Chemotherapie sogar nach der Metastasierung bemerkenswert gut heilbar. Somit liegt der Schwerpunkt heute neben der Heilung der jungen Männer insbesondere auf der Minimierung behandlungsbedingter Toxizitäten. Patienten mit mGCT sind unter der Chemotherapie dem erhöhten Risiko eines lebensbedrohenden venösen Thromboembolismus (VTE) ausgesetzt. In einer Studie nahm sich die Global Germ Cell Collaborative Group (G3) – ein internationales Konsortium, das sich der Behandlung des GCT verpflichtet hat – dieses Problems an.

  Die G3-Studie zielte darauf ab, große retroperitoneale Lymphknoten (RPLN)-Metastasen als einen unabhängigen Risikofaktor für VTE bei mGCT-Patienten zu validieren, die als Erstlinienbehandlung eine Platin-basierte Chemotherapie erhalten. Sekundär war beabsichtigt, den optimalen Cutoff-Wert für die RPLN-Größe als einen Prädiktor des VTE-Risikos zu bestimmen, andere potenzielle Risikofaktoren auszuwerten, den Einfluss von VTE auf das Gesamtüberleben (OS) zu bestimmen und die Sicherheit und den Nutzen der Thromboseprophylaxe zu untersuchen.

  An 22 Zentren wurden Daten von mGCT-Patienten gesammelt, die als Erstlinienbehandlung eine platinbasierte Chemotherapie erhalten hatten. Die festgelegten Variablen umfassten die International Germ Cell Cancer Collaborative Group (IGCCCG) Risikoklassifikation, den Durchmesser der Längsachse des größten retroperitonealen Lymphknotens (RPLN), den Khorana-Score und die Verwendung eines venösen Verweilzugangs. Venöse Thromboembolien (VTE), die zu Baseline, während der Chemotherapie oder innerhalb von 90 Tagen auftraten, wurden analysiert.

 
Patientencharakteristika: An 22 Zentren in 10 Ländern wurden 1.135 Patienten mit mGCT identifiziert, die als Erstlinienbehandlung eine Platin-basierte Chemotherapie erhalten hatten. Bei 150 Patienten (10%) waren VTE-Ereignisse aufgetreten. Von den potenziellen VTE-Risikofaktoren war ein Khorana-Score ≥3 selten (7%), hatten 33% der Patienten zu Baseline einen Laktat-Dehydrogenase (LDH)-Wert >1,5~ Upper Limit of Normal (ULN) und bei 19% war ein Gefäßzugang gelegt worden. Bei 1.011 (89%) Patienten war der maximale Längsachsendurchmesser des größten RPLN bestimmt worden. Er betrug median 3,0 cm. In 38% der Fälle hatte er >3,5 cm und in 25% >5 cm.

RPLN und VTE-Risiko: Die meisten VTE waren symptomatisch (55%). In weniger als der Hälfte der Fälle (41%) war eine Hospitalisierung erforderlich. Es gab einen VTE-bezogenen Todesfall. In der Subgruppe mit bekanntem Längsachsendurchmesser stand der RPLN als kontinuierliche Variable mit erhöhtem VTE-Risiko in Verbindung (Odds Ratio: 1,48; p=0,05). In einer Area Under the Receiver Operating Characteristic (AUROC)-Kurvenanalyse wurde mit RPLN >3,5 cm eine größere diskriminatorische Genauigkeit für VTE ermittelt als mit RPLN >5 cm (AUC 0,632 p <0,0001). Folglich wurden 3,5 cm als der ideale Cutoff-Wert für statistische Analysen gewählt.

Weitere VTE-Risikofaktoren: RPLN >3,5 cm war ein statistisch signifikanter Risikofaktor. Bei 22% der RPLN >3,5 cm und 8% der RPLN ≤3,5 traten VTE auf. Weitere signifikante Risikofaktoren umfassten einen ungünstigen IGCCCG-Risikoscore, LDH >5~ ULN, primäre retroperitoneale Lokalisation, Khorana-Score ≥3, Kreatinin-Clearance <75 ml/min und die Verwendung eines venösen Verweilzugangs. In multivariabler Analyse bestätigten sich große RPLN >3,5 cm, retroperitoneale Primärlokalisation, Khorana-Score ≥3 und venöser Verweilzugang als unabhängige signifikante Risikofaktoren für VTE.

Thromboseprophylaxe: Bei 81 Patienten erfolgte eine längerfristige Thromboseprophylaxe mit zumeist niedermolekularem Heparin. In dieser Subgruppe betrug die VTE-Inzidenz 15% (12 von 81) gegenüber 13% (138 von 1.054) bei denen ohne Thromboseprophylaxe. Erstere hatten allerdings vermehrt VTE-Risikofaktoren (RPLN >3,5 cm 65% vs. 36%; p<0,001; einen Gefäßzugang 50% vs. 17%; p<0,001). Die mediane Dauer der Thromboseprophylaxe betrug 45 Tage (Bereich: 8–239), während die mediane Dauer der Chemotherapie sich über 65 Tage (Bereich: 33–184) erstreckte. Weiteren 48 Patienten war eine kurzfristige (<7 Tage) Prophylaxe während einer stationären Einweisung verschrieben worden.


❏ Große retroperitoneale Lymphknoten und ein venöser Verweilzugang sind unabhängige Risikofaktoren für VTE bei Patienten mit metastasiertem Keimzelltumor unter einer Chemotherapie.

❏ Die routinemäßige Legung eines venösen Verweilzugangs sollte bei mGCT-Patienten, die eine Chemotherapie erhalten, möglichst vermieden werden.

❏ Für Patienten mit retroperitonealen Lymphknoten >3,5 cm und jenen, bei denen ein venöser Verweilzugang erforderlich ist, könnte die Thromboseprophylaxe eine Rolle spielen.


Tran B, Ruiz-Morales JM, Gonzalez-Billalabeitia E, et al. 2019. Large retroperitoneal lymphadenopathy and increased risk of venous thromboembolism in patients receiving first-line chemotherapy for metastatic germ cell tumors: A study by the global germ cell cancer group (G3) Cancer Med doi: 10.1002/cam4.2674. [Epub ahead of print].

Januar  2020

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