Krebs und Thrombose: Auf der Suche nach der optimalen Therapie
Tumorpatienten mit thromboembolischen Komplikationen sind oft schwierig zu behandeln. Auch die Leitlinien
helfen nicht immer weiter. Wie ist beispielsweise ein Patient zu medizieren, der trotz Antikoagulation
ein Rezidiv erleidet? Oder: Muss eine im Staging-CT entdeckte Lungenembolie ohne klinische Symptomatik
überhaupt behandelt werden? Zu einem interaktiven Erfahrungs- und Wissensaustausch über offene Fragen
haben sich jetzt über 700 Experten auf einem Symposium von LEO Pharma im Rahmen des weltweit größten
Kongresses zum Thema Krebs und Thrombose, ICTHIC, in Bergamo/Italien, getroffen. Dabei wurde deutlich:
Symptomatische venöse Thromboembolien verschlechtern nicht nur die Prognose von Tumorpatienten und
verursachen hohe Kosten im Gesundheitssystem. Auch die Lebensqualität der Tumorpatienten leidet, so
der Onkologe Prof. Dr. Hanno Riess (Berlin).
Die venöse Thromboembolie (VTE) ist eine der Hauptursachen für die Mortalität von Tumorpatienten. Ob
ein Tumorpatient eine VTE erleidet, hängt von individuellen genetischen sowie tumorspezifischen
Faktoren ab. Hinzu kommt, dass jede Tumortherapie, wie Operation, Chemo- oder Strahlentherapie,
das VTE-Risiko weiter erhöht.
Wie Prof. Riess ausführte, reichen die allgemeinen Prophylaxe- und Therapieempfehlungen für
Tumorpatienten daher nicht aus: So ist bei chirurgischen Tumorpatienten eine konventionelle
Kurzzeit-Prophylaxe nach Operation nicht hinreichend effektiv. Aus seiner Sicht ist hier eine
prolongierte postoperative Prophylaxe über vier bis fünf Wochen mit niedermolekularen Heparinen
(NMH) zu empfehlen. Auch eine Standardtherapie der VTE mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) ist für
Tumorpatienten nicht angezeigt: Unter VKA kommt es häufiger zu VTE-Rezidiven und Blutungen als
unter NMH, wie z.B. Tinzaparin [1]. Daher soll bei Tumorpatienten eine längerfristige Therapie
für mindestens drei Monate mit einem geeigneten NMH durchgeführt werden. Bei der Auswahl des NMH
sollte die Evidenz aus Studien berücksichtigt werden, so Riess. Hier gebe es durchaus Unterschiede.
Ob NMH auch die Metastasierung und das Wachstum von Tumoren limitieren können, war Gegenstand
einer kontroversen Debatte. Prof. Ismaïl Elalamy, Paris/Frankreich, präsentierte präklinische und
klinische Daten, die auf einen solchen Anti-Tumor-Effekt hinweisen. Dr. Pieter Kamphuisen,
Groningen/Niederlande, vertrat dagegen die Ansicht, auch diese Effekte beruhten auf der antikoagulatorischen
Wirkung der NMH. Beide waren sich einig, dass noch weitere klinische Studien notwendig sind, um diese
Frage abschließend zu beantworten. Ein interaktives Voting der Experten im Auditorium zeigte: Eine
deutliche Mehrheit der Onkologen und Hämatologen ist von den antimetastatischen Effekten der NMH
überzeugt.
Quelle: Leo Pharma
Literaturhinweis:
[1]Hull RD, et al. 2006. Am J Med 119:1062-1072.