Aktueller Stand der fokalen Therapie des Prostatakarzinoms
 

Im Spannungsfeld zwischen Active-Surveillance (AS) und radikalen Therapieformen des lokoregionären Prostatakarzinoms (PCa) besteht eine zunehmende Nachfrage nach fokalen Therapiemöglichkeiten. Mit dem Konzept der fokalen Therapie ist die Hoffnung verbunden, die Rate an Übertherapie von 30-49% durch radikale Therapieoptionen einerseits und die Unsicherheit beim AS (ca. 1/3 aller Patienten scheiden nach 2-5 Jahren aufgrund eines Tumorprogress oder infolge psychischer Belastungen aus) zu vermeiden.

Formen der fokalen Therapie

Alle Teilbehandlungen der Prostata werden unter dem Begriff „fokale Therapie“ zusammengefasst. Dabei reicht das Spektrum von subtotalen Behandlungen der Prostata über Hemiablationen bis zu rein fokalen Therapien und im Extremfall einer Indextumorablation (Abb. 1).


Diagnostik

Biopsie: Eine Standard 10-12fach Biopsie ist für eine genaue Tumorlokalisation nicht ausreichend. Eine Möglichkeit, möglichst wenige Tumore zu übersehen wäre die templategestützte perineale Mappingbiopsie in Abständen von 3-5 mm. Die Invasivität dieser Maßnahme, die ja dann auch im weiteren Follow up mehrfach durchgeführt werden müsste, spricht gegen einen routinemäßigen Einsatz im Rahmen des fokalen Therapiekonzeptes.

Multiparametrisches MRT (mpMRT): Das mpMRT stellt heutzutage die Bildgebung der Wahl vor einer fokalen Therapie dar und ist in nahezu allen fokalen Studienprotokollen fest verankert. Eine Befundung sollte entsprechend der PI-RADS 2 Klassifikation erfolgen. Wird das mpMRT nach einer Biopsie durchgeführt, so sollten zwischen der Biopsie und dem mpMRT mindestens 6 Wochen Abstand liegen, um Artefakte durch die Biopsie auszuschließen. Die Sensitivität und Spezifität des mpMRT liegt insgesamt bei ca. 80%. Dabei ist es wichtig, dass die Detektionsrate von der Größe des Tumors (mehr als 2 cm 70-100%), dem Gleason Score (GS) (GS 6: 28-37%, GS 7: 81-85%, GS >7: 96%), sowie der Tumorlokalisation abhängt. Größere, aggressivere Tumore werden demnach deutlich besser nachgewiesen, als kleinere Gleason-6 Karzinome.

Fusionsbiopsie: Alternativ zur Template-Biopsie kann auch eine systematische Biopsie in Kombination mit einer MRT-TRUS Fusionsbiopsie erfolgen. Hierbei werden zusätzlich zur Standardbiopsie die auffälligen Areale aus dem mpMRT gezielt biopsiert. Dies kann mittels kognitiver Biopsie oder mit softwareassistierter Fusionssysteme erfolgen. Neben einer vermutlich höheren Karzinomdetektionsrate gegenüber kognitiven Biopsien werden in den Fusionssystemen die Entnahmelokalisationen dokumentiert und können ggf. zur Planung einer fokalen Therapie (z.B. Focal One®) verwendet werden.

Patientenselektion

Die Einschlusskriterien der verschiedenen Studien zur fokalen Therapie unterscheiden sich teilweise erheblich, wobei Konsensuskonferenzen dazu einen groben Rahmen gegeben haben. Im Allgemeinen werden in die Studienprotokolle Patienten mit einer Lebenserwartung von mehr als 10 Jahren sowie einem PSA-Wert von maximal 15 ng/ml und einem GS von maximal 7a eingeschlossen. Weitere Einschlusskriterien ergeben sich dann noch durch die spezifischen Zugangswege der verschiedenen Therapien.

Behandlungsverfahren

Folgende Technologien wurden bisher im Zusammenhang mit fokaler Therapie eingesetzt:
- Hochintensiver fokusierter Ultraschall (HIFU)
- Kryotherapie
- Fotodynamische Therapie (PDT)
- Fokale Brachytherapie
- Fokale Laserablation
- Irreversible Elektrovaporisation (IRE)
- Radiofrequenzablation (RFA).

PDT ist das einzige Verfahren, das im Rahmen einer Phase-3-Studie (PDT versus AS) untersucht wurde. Die Zulassung erfolgte 11/2017.

Die längsten Verlaufsbeobachtungen liegen für die HIFU-Therapie und die Kryotherapie vor. Es ist zu erwarten, dass weitere Therapieverfahren in diesem innovativen Feld in den kommenden Jahren im Rahmen von Studien eingesetzt werden.

Die Erfahrung der Autoren besteht mit dem HIFU-Verfahren Focal One®, das in Deutschland erstmalig im Klinikum Fürth 2014 eingesetzt wurde. Bei diesem Gerät kann eine intraoperative Fusion des 3D-TRUS mit dem mpMRT und ggf. auch mit Bildern von MRT-TRUS-Fusionstechniken geplant werden (Abb. 2).


Ergebnisse

Eine Übersicht von aktuellen Studien zur fokalen Therapie für verschiedene Therapieoptionen ist in Tabelle 1. gegeben.


Follow up nach fokaler Therapie

In Konsensuskonferenzen wurde festgelegt, dass Studienendpunkte aktuell die Ablation von klinisch signifikantem Karzinom sein sollte. Neben Biopsien ist auch das mpMRT zu Beurteilung der Gewebeablation zu berücksichtigen. Der PSA-Verlauf der Patienten soll in allen Studien protokolliert werden, bildet aber nicht einen primären Studienendpunkt, da unklar ist, in welchem Bereich die PSA-Werte nach Teilbehandlungen der Prostata liegen sollen. Selbstverständlich sollen Nebenwirkungen, weitere Therapie sowie die Lebensqualität und die funktionellen Parameter mittels validierter Fragebögen erfasst werden.

Zusammenfassung

Die fokale Therapie des lokoregionären PCa ist ein vielversprechendes und wichtiges Zukunftsfeld der Urologie. Aktuell herrscht bei den Behandlern und Patienten eine große Euphorie, die jedoch nicht dazu führen sollte, dass die Verfahren unkritisch eingesetzt werden. Die Datenlage lässt es noch nicht zu, dass Patienten außerhalb von Studienprotokollen behandelt werden.

Verfasser: Prof. Dr. med. Andreas Blana, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie, Klinikum Fürth, Jakob-Henle-Str. 1, 90766 Fürth.



Februar 2018




 

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