Eine internationale Studie, an der auch die Urologie der Universitätsmedizin Essen führend beteiligt ist,
stößt einen Paradigmenwechsel in der Prostatakrebs-Diagnostik an: Wie die Ergebnisse der multinationalen
Precision-Studie belegen, liefert die Kombination aus einer MRT-Untersuchung mit anschließender
alleiniger gezielter Fusionsbiopsie präzisere Ergebnisse als die herkömmliche ultraschallgesteuerte
Biopsie zur Erkennung von Prostatakrebs.
Etwa 30 Prozent der Studienteilnehmer, die die MRT-Untersuchung erhielten, hatten
einen unauffälligen Befund. Ihnen blieb damit die standardmäßig angewandte Biopsie komplett
erspart. Die Männer mit auffälligen Blutwerten, die mit dem bislang gängigen Verfahren
behandelt wurden, wurden dagegen alle biopsiert.
Auf Basis der MRT-Daten und mit einer alleinigen gezielten Biopsie in den zuvor als
auffällig identifizierten Arealen wurde im neuen Verfahren bei 38 Prozent der Männer eine
klinisch relevante Krebserkrankung diagnostiziert. Beim zweiten Verfahren mit Standardbiopsie
wurden nur bei jedem vierten Mann (26 Prozent) aggressive Tumore gefunden.
„Die Ergebnisse der Studie zeigen beeindruckend, dass die Risikobewertung eines
Prostatakrebs-Verdachts per MRT und einer auf deren Ergebnissen basierenden Biopsie
deutlich präziser ist, als die bislang praktizierte ultraschallgesteuerte Biopsie mit
zehn bis zwölf Untersuchungspunkten. Die unauffälligen MRT-Befunde wiederum reduzieren
gleichzeitig die Zahl unnötiger Biopsien und damit die körperliche Belastung für die
Untersuchten. Wenn die Ergebnisse der Precision-Studie auf die derzeit pro Jahr in
Europa eine Million durchgeführten Prostatabiopsien hochgerechnet werden, bedeutet
dies, dass knapp 300.000 Männer weniger biopsiert werden müssen und gleichzeitig gut
100.000 potentiell lebensbedrohliche Prostatakarzinome mehr entdeckt werden.
Darüber hinaus werden durch das gezielte Vorgehen gut 50 Prozent weniger ungefährliche
Tumoren entdeckt, die für betroffene Männer keine Gefahr darstellen, aber Krebsangst
erzeugen“, betont Prof. Dr. Boris Hadaschik, Direktor der Klinik für
Urologie am Universitätsklinikum Essen und Co-Autor
und Mitverfasser der Studie.
Die Precision-Studie belegt erstmals mit höchster wissenschaftlicher Evidenz, was
Vorarbeiten schon vermuten ließen. Die neue Studie, an der Wissenschaftler aus u.a.
den USA, Kanada, Argentinien und zahlreichen EU-Ländern mitgearbeitet haben, wurde
kürzlich im renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht und gerade
beim Europäischen Urologen-Kongress in Kopenhagen vorgestellt. Zur Precision-Studie
gehört ein Begleitprojekt, das mit einer Kosten-Nutzen-Analyse die unterschiedlichen
Biopsie-Strategien bewerten wird. Zudem ist eine Langzeit-Beobachtung der Studienteilnehmer
geplant. Erwähnenswert ist, dass ausschließlich erfahrene Zentren mit hoher radiologischer
und urologischer Expertise bei der Studie mitgearbeitet haben.
Kontakt und weitere Informationen:
thorsten.schabelon@uk-essen.de März 2018
uk-essen.de
Originalpublikation:
Kasivisvanathan V, Rannikko AS, Borghi M, et al. 2018. MRI-Targeted or Standard Biopsy
for Prostate-Cancer Diagnosis, NEJM DOI: 10.1056/NEJMoa1801993, published on March 19.
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